(Fallfusskorrektur)

Indikation

Dieser Eingriff wird durchgeführt, falls die Muskeln und Sehnen, welche normalerweise vor dem Knöchel verlaufen und den Fuss hochheben, schwach oder nicht funktionsfähig sind (Fallfuss). Häufig kann dieses Leiden mittels einer Schienung behandelt werden. Bei Patienten, die eine bessere Funktion wünschen oder das Tragen einer Schienung ablehnen, kann dieses Verfahren von grossem Nutzen sein. Eine häufige Ursache für einen Fallfuss ist der Verlust der Muskelfunktion an der Vorderseite des Unterschenkels aufgrund eines Kompartmentsyndroms oder einer Verletzung des N. peroneus. Darüber hinaus können Patienten mit Erkrankungen, welche eine selektive bzw. generalisierte Nerven- oder Muskelschwäche verursachen, eine Funktionsstörung der Muskulatur im vorderen Kompartiment entwickeln und dadurch von diesem Verfahren profitieren. Beispiele hierfür sind u.a. die Charcot-Marie-Tooth-Krankheit, Muskeldystrophien, Diskushernien oder der Schlaganfall.

Verfahren

Bei diesem Verfahren durchtrennt der Chirurg die hintere Schienbeinsehne am Ansatzpunkt im Mittelfuss. Die Inzision erfolgt an der Innenseite (medial) des Fusses und die Sehne wird anschhliessend abgelöst.

Ein zweiter Schnitt, der etwa einen Zentimeter lang ist, wird an der Innenseite des Unterschenkels, knapp oberhalb des Knöchels (malleolus medialis), durchgeführt. Anschliessend wird die tibialis posterior Sehne herausgezogen und hinter dem Schienbein entlang des Knochens geführt.

Der dritte Schnitt erfolgt am Unterschenkel, drei oder vier Zentimeter oberhalb des Knöchels. Anschliessend wird die Sehne durch die Vorderseite des Unterschenkels, zwischen Schienbein und Wadenbein und durch ein Loch im Gewebe, welches diese beiden Knochen zusammenhält (Membrana interossea), herausgezogen. Danach existieren unterschiedliche Möglichkeiten für die Fortsetzung der Operation, je nach Deformität und ob die Zugrichtung der übertragene Sehne gerade nach oben, nach oben und nach innen oder nach oben verlaufen muss.

Möglichkeit 1

Der Chirurg kann die Sehne oben am Mittelfuss in den Knochen einhaken und dort mit einer Schraube verankern. Ein Problem dabei ist jedoch, dass die entnommene Sehne oft nicht lang genug ist, um Spitze des Fusses mühelos zu erreichen.

Möglichkeit 2

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Sehne an andere Sehnen, wie der des M. tibialis anterior, welche sich oben im Fussbereich befindet, oder eine der Streckersehnen zu befestigen. Anschliessend können diese dann auf den Fussrücken transplantiert werden.

Übersicht der Operation

Der hintere Schienbeinmuskel (Musculus tibialis posterior) und die Sehne bleiben am proximalen Punkt befestigt, verlaufen durch die Membrana interossea und werden dann im Mittelfuss verankert.

Technische Probleme:

Die Sehnen müssen unter dem Gewebestrang umgeleitet werden, der die Sehnen über der Vorderseite des Sprunggelenks (Retinaculum extensorum) hält. Dies stellt ein Problem dar, da bei dem Verfahren eine Sehne durch einen bereits engen Raum gezwängt werden muss.

Neuverlegung der Sehne

Die Sehne kann auf verschiedene Arten neu verlegt werden: Sie kann entweder geteilt und dann mit zwei Sehnen verbunden werden, oder sie kann ganz mit der Sehne des M. tibialis anterior vernäht werden. Die beiden betroffenen Sehnen werden oft miteinander verwoben. Dazu wird ein Schlitz in der Sehne, durch welche die zu transferierende Sehne gezogen werden soll, angefertigt. Anschliessend werden die Sehnen mittels nicht resorbierbarer Fäden vernäht. Ein weiterer Schlitz wird dann senkrecht zum ersten Schlitz durchgeführt und der Vorgang wird wiederholt.

Heilung

Damit der Sehnentransfer verheilen kann, darf der Patient den Fuss sechs Wochen lang nicht belasten und muss einen Gips tragen. Anschliessend muss über einen Zeitraum von weiteren vier bis sechs Wochen physiotherapeutische Übungen durchgeführt und die Muskulatur umgeschult werden. Da die Patienten daran arbeiten, die verlorene Muskelkraft wieder zurückzugewinnen, erfolgt in den ersten sechs Monaten ca. 75% der Genesung. Oft dauert es jedoch über ein Jahr bis die Genesung vollständig abgeschlossen ist.

Komplikationen

Allgemeine Komplikationen

Die üblichen Komplikationen eines chirurgischen Eingriffs können auftreten, einschliesslich:

  • Infektion
  • Wundheilungsstörungen
  • Blutgerinnsel
  • Lungenembolie
  • Nervenreizung oder -verletzung

Spezifische Komplikationen

Mögliche Komplikationen, die für dieses Verfahren spezifisch sind, umfassen:

  • Versagen der transferierten Sehne: Die transferierte Sehne kann durch ein Auseinanderziehen unter Belastung reissen.
  • Verlust der Muskelkraft: Die Muskulatur wird geschwächt, da durch eine transferierte Sehnen automatisch an Kraft verloren geht. Die Muskelkraft wird auf einer Skala von 0 bis 5 bewertet (0/5 = keine Funktion, 5/5 = normale Kraft). Transferierte Muskel-Sehnen neigen dazu, eine Kraftstufe zu verlieren.
  • Die Muskeln sind phasenverschoben: Ein weiteres Problem ist, dass die transferierte Muskel-Sehnen-Einheit nun „phasenverschoben“ ist. Der Muskel sollte während dem Gehen nicht stimuliert werden, wird dies aber trotzdem. Der M. tibialis posterior führt in der Regel den Fuss zum Boden und ist während der mittleren Standbeinphase nicht sehr aktiv. Gegensätzlich funktioniert der M. tibialis anterior.
  • Anhaltende Gangasymmetrie: Dieses Verfahren wurde entwickelt, um das Gangbild von Patienten zu verbessern und eine Schienung zu vermeiden. Es entsteht jedoch kein vollständig symmetrischer Gang, was an anderen Stellen des Körpers zu Beschwerden führen kann (z.B. im unteren Rückenbereich).