Video zum Erkrankungsbild (englisch):

Zusammenfassung
Die osteochondrale Läsion des Talus (ein Fussknochen), beschreibt einen abnormen, geschädigten Knorpel und Knochen im Bereich des Talus auf dessen Oberseite (unterer Knochen des Sprunggelenks). Diese Erkrankung wird auch als Osteochondritis dissecans (OCD) oder als osteochondrale talare Läsion (Osteo Chondral Defect) bezeichnet. Auslöser ist häufig eine Verletzung wie z.B. eine schwere Verstauchung oder eine chronische Überbelastung des Gelenks aufgrund einer Fehlstellung und/oder einer Instabilität. Die OCD tritt am häufigsten in zwei verschiedenen Bereichen des Talus auf (Abb. 1A und 1B):

Abb. 1A: MRI der medialen (innenseitigen) talaren OCD
Abb. 1B: MRI der lateralen (aussenseitigen) talaren OCD

Klinisches Erscheinungsbild
Viele Patienten mit einer OCD sind asymptomatisch und weisen weder Schmerzen noch Schwellungen auf. OCDs können auf dem MRI als Zufallsbefund einem anderen Problem zugeordnet werden. Die Läsion ist jedoch meist gross genug resp. der Knorpel genügend verschoben, als dass die OCD effektiv Schmerzen oder andere Symptome bereitet. Symptome umfassen lokale Knöchelschmerzen, Beschwerden an der Innenseite (mediale talare OCD) oder die Aussenseite (anterolaterale talare OCD). Durch Aktivitäten, speziell Laufen, Gehen oder Springen verschlimmern sich die Symptome meist. Weiter können mechanische Symptome wie z.B. knackende, knallende Geräusche durch loses Knorpelmaterial oder Knochenfragmente in Verbindung mit einer OCD gebracht werden. Anterolaterale OCD entstehen meist aufgrund traumatischer Verletzung mit Verdrehungskomponente, wie z.B. eine Verstauchung des oberen Sprunggelenkes. Mediale OCD werden häufiger durch chronische Überbelastung in Verbindung gebracht, wobei dies speziell bei Patienten mit einem höher gewölbten Fuss (Hohlfuss) oder Band-Instabilität auftreten kann. Die körperliche Untersuchung zeigt in der Regel eine lokale Schwellung und Schmerzen an der Vorderseite des Knöchels.

Bildgebende Untersuchungen
Zur Diagnose einer OCD können einfache Röntgenaufnahmen ergänzend verwendet werden. So werden Bereiche mit verminderter Knochendichte auf Röntgenbildern als dunklere Substanz erkannt, wobei auch eine dunklere Substanz nicht zwangsläufig pathologisch sein muss (Abb. 2). Für die Diagnose eines OCD ist das MRI jedoch GoldStandard. (Abb. 3A und 3B). Hier ist erkennbar, ob der Knorpel- und Knochenschaden in seiner Position verschoben oder nicht verschoben ist.

Abb. 2: mediale (innere) talare OCD im Röntgenbild
Abb. 3A: MRI mit lateraler (äusserer seitlicher) Sicht auf die talare OCD
Abb. 3B: anteroposteriores (frontales) MRI der talaren OCD

Behandlung

Konservative Behandlung
Bei nicht dislozierten OCD kann eine konservative Behandlung erfolgreich sein, speziell dann, wenn die Erkrankung früh erkannt und behandelt wird, sowie wenn es sich um eine relativ kleine Läsion handelt. Bei jüngeren Patienten, insbesondere bei Kindern und Jugendliche haben im Vergleich zu Erwachsenen eine viel bessere Erfolgsaussicht auf Heilung. Für die Behandlung stehen mehrere Optionen zur Verfügung:

  • Gipsimmobilisierung: Wenn die OCD nach einer akuten Verletzung auftritt, kann eine Ruhigstellung für 4-6 Wochen zu einer Entlastung und einer Beschleunigung der Heilung beitragen.
  • Physikalische Therapie: Die Muskeln und Knochen, sowie die Beweglichkeit und der Gleichgewichtssinn werden hier trainiert.
  • OSG-Orthesen/-Schienen: sie verringern die Belastung ebenfalls.

Bei jüngeren Patienten kann bei leichten, akut nicht-dislozierten OCD des Sprunggelenks mit Ruhigstellung, einem Gipsverband oder einer Gehhilfe ein gutes Resultat erzielt werden.

Operative Behandlung
Chirurgische Behandlungen sind bei verschobenen talaren OCD oder bei Läsionen, die durch konservative Therapie nicht behandelt werden konnten, angezeigt. Dabei umfasst die chirurgische Behandlung:

  • Arthroskopisches Debridement (“Putzen“) und Mikrofrakturierung: Hierbei handelt es sich um die operative Standardtherapie und führt bei 75-80% der Patienten mit einer typischen OCD von weniger als 15 mm2 Fläche zu guten bis ausgezeichneten Ergebnissen.
  • Osteochondraler Autotransplantat-Transfer (OAT-Verfahren): Dies ist den Patienten vorbehalten, welche erfolglos mit einem vorgängigen arthroskopischen Debridement behandelt wurden oder, die eine Läsion von deutlich > 20 mm2 Befallsfläche aufweisen. Sie wird auch als Mosaikplastik bezeichnet. Theoretisch wird hierbei der beschädigte Knorpel durch Knorpel und Knochen, die dem Patienten selbst vorher entnommen wurden, ersetzt. In der Regel wird das Material aus dem Knie entnommen. Dies hat zur Folge, dass die Erholungszeit sowie die Komplikationsrate deutlich höher sind.
  • Osteochondrale Allotransplantate (Leichenspender): Knochen-/Knorpelteile können auch von einem Leichenspender stammen und in den OCD transplantiert werden. Hierbei kann darauf verzichtet werden, andere Körperteile des betroffenen Patienten substanziell zu schwächen. Diese Form der Behandlung wurde zur Behandlung grosser Läsionen verwendet. Die Kollabierung des Transplantats hängt hierbei mit der Grösse zusammen, wobei eine zunehmende Grösse ein zunehmendes Risiko darstellt, da auch eine neue Blutversorgung aufgebaut werden muss. Häufig ist der anfängliche Erfolg daher nach 5 Jahren wieder komplett weg.
  • Autologe Chondrozytentransplantation (ACI): Hierbei wird versucht, dem Patienten einen gesunden Knorpel zu entnehmen und im Labor weiter zu züchten. Dabei entstehende Zellen können dann in den betroffenen Bereich reimplantiert werden. Dieser Ansatz ist leider klinisch noch nicht im gewünschten Ausmasse erfolgreich. Forschung auf diesem Gebiet wird fortgeführt.
  • AMIC (Autologe Matrix Induzierte Chondrogenese): Dabei wird das abgestorbene Knochenmaterial und der kaputte Knorpel entfernt. Danach wird das Loch mit eigenem Spongiosa-Knochen aus dem Calcaneus, der distalen oder proximalen Tibia oder als beste Variante dem Beckenkamm gefüllt und dann eine Matrix darüber geklebt, welche bewirkt, dass der Körper einen eigenen Ersatzknorpel bildet. Dies ist im Moment die beste Operationsmethode, wenn man Erfolg und Kosten gegeneinander abwägt.
  • Weitere Verfahren: Bei Operationen müssen möglicherweise schwerwiegende Begleitpathologien behandelt werden. Eingriffe zur Behandlung einer Knöchelinstabilität, wie z.B. die Reparatur der Seitenbänder oder der Rekonstruktion der Peroneal-Sehne oder eine Fersenbein-Osteotomie zur Behebung einer Rückfussanomalien (in der Regel ein Rückfuss-Varus) gehören hierzu.