Zusammenfassung
Frakturen des Talus-Körpers sind schwere Verletzungen des „Quadrat“-ähnlichen Knochens, aus dem der untere Teil des Sprunggelenks besteht. Diese Verletzung tritt typischerweise bei einer starken Belastung des Sprunggelenks auf, wie z.B. nach einem Sturz aus der Höhe oder nach einem Verkehrsunfall. Man unterscheidet zwischen einer nicht dislozierten (einem „Haarriss“ ohne Veränderung der Gesamtform des Knochens) und einer dislozierten (der Riss im Knochen bewirkt eine Verschiebung der Hauptfragmente) Fraktur. Nicht dislozierte oder minimal dislozierte Talus-Körper-Frakturen können mit einem Gips behandelt werden. Verschobene Talus-Körper Frakturen werden operativ reponiert. Beide Arten der Fraktur erfordern, dass über längere Zeit der Fuss nicht belastet wird. Unterschenkel-Fuss-Orthesen ermöglichen eine Heilung des gebrochenen Knochens (10-12 Wochen). Diese Verletzungen sind oft komplikationsträchtig oder mit bleibenden Beschwerden verbunden, einschliesslich einer relativ hohen Rate an Knöchelarthrosen.
Klinische Präsentation
Der Talus bildet den obersten Knochen am Fuss und zusammen mit dem Ende des Schienbeins (Tibia) das Sprunggelenk. Das Sprungbein (Talus) hat einen Kopf (Caput), einen Hals (Collum) und einen Körper (Corpus) (Abbildung 1). Der Körper des Talus ist mit dem Schienbein verbunden und ermöglich die „Auf- und Ab-Bewegung“ des Sprunggelenks. Der Corpus tali ist wie ein Quadrat geformt. Es erfordert viel Kraft, um ihn zu brechen (Kräfte, die typischerweise bei schweren Autounfällen oder Stürzen aus grosser Höhe auftreten). Bei der Fraktur des Corpus tali handelt es sich um eine schwere Verletzung, da die Fraktur das Sprunggelenk miteinbezieht. Patienten mit einer Talus-Körper Fraktur klagen über einen schmerzhaften, geschwollenen Knöchel und können die verletzten Extremitäten nicht mehr belasten.
Bildgebung
Diese Verletzung kann oft durch ein einfaches Röntgen diagnostiziert werden. Wenn die Fraktur nicht disloziert ist, können die Befunde subtil oder nur schwer zu erkennen sein. Bei einer stark dislozierten Talus-Körper Fraktur kann die Diagnose einfach gestellt werden (Abbildung 2). Das Ausmass der Verletzung kann durch eine CT besser beurteilt werden (Abbildung 3). Dabei handelt es sich um eine Bildgebungsmethode, die detailliert knöcherne Strukturen darstellt. Die Fraktur ist vergleichbar mit einer zerbrochenen Eierschale, da viele Fragmente vorhanden sind.
Behandlung
Nicht-operative Behandlung
Gelegentlich ist die Fraktur nicht oder nur minimal disloziert. In diesem Fall, ist eine nicht-operative Behandlung möglich. Die Therapie bei nicht dislozierten Frakturen des Talus-Körpers besteht aus einer Lagerung in einer Unterschenkel-Fuss-Orthese. Dies erfordert, dass der Fuss über einen Zeitraum von 8 bis 12 Wochen nicht belastet wird. In der Regel dauert es ein gutes halbes Jahr, bis der Patient den Punkt der bestmöglichen Genesung erreicht hat.
Operative Behandlung (ORIF des Talus-Körpers)
Leider sind die meisten Frakturen des Corpus tali disloziert. Dislozierte Frakturen brauchen eine operative Rekonstruktion der ursprünglichen Form. Dadurch wird das Risiko einer Arthrose verkleinert. Die Operation wird als offene Reduktion und interne Fixation (ORIF) des Talus-Körpers bezeichnet. Dabei werden ein oder mehrere Schnitte durchgeführt, um in das Sprunggelenk zu gelangen und die Knochenfragmente zu reponieren. Diese werden dann mit Schrauben fixiert und im Knochen verankert, so dass sie die Funktion des Sprunggelenks selbst nicht beeinträchtigen. In einigen Fällen werden auch Drähte verwendet, um der Fixation zusätzliche Stabilität zu verleihen. Sobald der Knochen in eine bessere Position gebracht und stabilisiert wurde, wird die Wunde geschlossen.
Heilung
Nach der Operation muss über einen längeren Zeitraum (in der Regel 10 bis 12 Wochen) eine Unterschenkel-Fuss-Orthese getragen werden, um eine Knochenheilung zu ermöglichen. Physiotherapie kann notwendig sein, um die Kraft zu verbessern und die Beweglichkeit zu optimieren.
Mögliche Komplikationen
Spezifische Komplikationen des Talus-Körper-ORIF
Zu den Komplikationen, die spezifisch für diese Operation sind, gehören:
- Verzögerte Heilung bzw. Pseudoarthrose („non-union). Der Talus (insb. Corpus tali) besitzt eine sehr schlechte Blutversorgung und es ist nicht ungewöhnlich, dass aufgrund dessen einige oder alle Frakturfragmente nur sehr langsam verheilen bzw. überhaupt nicht heilen. Dieses Risiko ist bei Rauchern noch grösser.
- Langfristige Sprunggelenksarthrose. Der Körper des Talus bildet den Hauptknochen im unteren Teil des Sprunggelenks und ist damit ein unerlässlicher Bestandteil des Sprunggelenks. Eine Fraktur des Corpus tali, bedeutet auch eine schwere Verletzung des Sprunggelenks und führt oft zu einer Arthrose, die in einigen Fällen stark ausgeprägt sein kann. Selbst perfekt reponierte Frakturen können zu einer erheblichen Schädigung des Knorpels und daraus resultierende zu einer Sprunggelenksarthrose führen. Dies kann mit einem hart gekochten Ei verglichen werden, das fallen gelassen wird und zerbricht. Obwohl das Ei seine Form behält, ist die Aussenfläche beschädigt.
- Nervenverletzung. In diesem Bereich sind sensible Nerven vorhanden, die direkt oder durch Traktion beschädigt werden können. Diese Nervenverletzungen können zu einem vorübergehenden oder dauerhaften Gefühlsverlust an bestimmten Stellen des Fusses und/oder zu brennenden Schmerzen führen.
- Nicht zusammenwachsende Osteotomie. Um die Knochenfragmente erkennen zu können, kann es notwendig sein, einen der Sprunggelenksknochen gezielt zu durchtrennten (Osteotomie). So wird beispielsweise der vorstehende Knochen an der Innenseite des Sprunggelenks (medialer Knöchel) durchtrennt, um eine bessere Übersicht der verletzten Stelle zu schaffen. Nach Abschluss der chirurgischen Fixierung des Corpus tali wird dieser Knochen mit Schrauben stabilisiert. Bei einigen Patienten verheilt diese Osteotomie nicht und führt zu einer schmerzhaften Pseudoarthrose. Dies verzögert die Genesung bzw. erfordert einen zusätzlichen operativen Eingriff.
- Schmerzhaftes Osteosynthesematerial. Gelegentlich sind Implantate vorhanden, die entweder im Bereich des Sprunggelenks oder des kontrollierten Knochenschnitts (Osteotomie) hervorstehen. Unter gewissen Umständen müssen diese wieder operativ entfernt werden.
Allgemeine mögliche Komplikationen
Allgemeine mögliche Komplikationen sind u.a.:
- Infektion
- Wundheilungsstörungen
- Tiefe Venenthrombose (TVT)
- Lungenembolie (LE)