Zusammenfassung

Schmerzen an der Unterseite des Fusses an der Basis der grossen Zehe sind charakteristisch für eine Sesamoiditis. Die Symptome entstehen üblicherweise durch eine übermässige, repetitive Belastung auf diesen Bereich. Oft haben die Patienten ein hohes Fussgewölbe. Die Behandlung beinhaltet das Vermeiden von Aktivitäten, welche die Symptomatik verschlimmern; Einlagen, welche den betroffenen Bereich entlasten, bequeme und unterstützende Schuhe, entzündungshemmende  Medikamente (sofern sie vertragen werden) und möglicherweise Kortikosteroid-Injektionen. Die Genesung dauert oft lange.

Klinische Präsentation

Die Sesamoiditis ist gekennzeichnet durch Schmerzen an der Unterseite des Fusses an der Basis der grossen Zehe. Sesamoiditis ist ein allgemeiner Begriff für schmerzhafte, entzündliche Beschwerden, die mit einem oder beiden Sesamknochen verbunden ist, welche sich unterhalb des Kopfes des ersten Mittelfussknochens befinden und einen Teil der Grosszehe bilden. Die Symptome können von einer Vielzahl von Pathologien herrühren aber Unbehagen entsteht normalerweise durch eine kürzlich zurückliegende Überlastung dieses Bereichs. Die Patienten berichten oft über einen kürzlichen Anstieg an Belastung, eine plötzliche Änderung des Schuhwerkes oder ein erhöhtes Bewegungs- oder Trainingsprogramm. Ein grösseres, akutes traumatisches Ereignis ist eine seltenere Ursache für diese Problematik. In der Regel setzen sich diese Patienten unwissentlich einer allmählich erhöhten oder veränderten Aktivität aus. Schmerzen in diesem Bereich werden als scharf und stark beschrieben und die meisten Patienten können den Ort mit einem Finger genau lokalisieren (d.h. das Sesambein selbst). Das Unbehagen, welches die Patienten empfinden, führt oft zu einer Einschränkung der Aktivitäten, Änderung des Schuhwerkes und möglicherweise zu einem Hinken. Patienten fühlen sich unwohl, wenn sie barfuss auf einem harten Untergrund gehen. Die eigentlichen Beschwerden können eine Vielzahl von Ursachen haben, darunter: lokale Überlastung der Weichteile in diesem Bereich und daraus folgernd eine chronische Schädigung des Gewebes, Stressfraktur eines oder beider Sesamknochen, welcher nach einer Verletzung nicht heilt (Pseudoarthrose) und Schädigung der Knorpel (Arthrose) zwischen dem Sesamknochen und dem Kopf des ersten Mittelfussknochens. Eine weitere häufige Verletzung der Grosszehe ist der „Turf-Toe“, welcher typischerweise nach einem akuten Traume entsteht und sich auch durch Schmerzen an der Unterseite des Fussballen unterhalb der Grosszehe bemerkbar macht.

Untersuchung

Die meisten Sesambeinentzündungen zeigen ein langsames, stetig auftretendes Schmerzmuster unterhalb der ansonsten normal aussehenden Grosszehe, welches sich durch Belastung verschlechtert und durch entlastende Massnahmen verbessert. Patienten können beinahe immer auf den Ort der Schmerzen zeigen, welcher sich direkt unterhalb eines oder beider Sesamknochen befindet. Diese Strukturen befinden sich auf der Innenseite (medial) und der Aussenseite (lateral) der Grosszehenbasis, um diese Knochen stützen zu können. Die Patienten reagieren empfindlich auf Druck, welcher direkt unterhalb eines oder beider Sesamknochen ausgeübt wird.

Oftmals weisen Patienten, die unter einer Sesambeinentzündung leiden, ein hohes Fussgewölbe auf, da diese Fussform prädisponierend für diese Erkrankung ist. Obwohl am Ende des Bewegungsumfangs Schmerzen auftreten können, ist dieser häufig nicht eingeschränkt. Dies tritt vor allem dann auf, wenn die Zehen nach oben flektiert werden (Dorsalflexion), da dies das Gewebe, welches sich an den Sesambeinen auf der Unterseite anlagern, belastet. Ein deutlicher Verlust des Bewegungsumfangs oder Schmerzen an der Spitze der Grosszehe tritt häufiger bei einem Hallux rigidus und einer Arthrose auf.


Bildgebung

Ein einfaches Röntgen des Fusses sollte immer durchgeführt werden, um einerseits diese Erkrankung zu diagnostizieren und andererseits mögliche andere Probleme in diesem Bereich des Fusses auszuschliessen. Es erlaubt eine korrekte Beurteilung des gesamten Vorfusses und ist insbesondere für die Betrachtung der beiden Sesamknochen, und wie sie anatomisch unterhalb des Grosszehen-Grundgelenkes (I Metatarsophalangealgelenk) liegen, gedacht. Frakturen, Subluxationen, Dislokationen, Osteochondrosis oder avaskuläre Nekrose, welche das/die Sesambein(e) betreffen, können in der Regel durch ein einfaches Röntgen diagnostiziert werden. Manchmal werden Menschen mit Sesambeinen geboren, die von Natur aus in mehreren Stücken vorliegen. Diese werden als zweiteilig oder mehrteilig bezeichnet. Während normale Sesamknochen aus einem Stück bestehen, rund und erbsengross sind, sehen diese fast wie eine Fraktur aus. Sie sind jedoch einfach eine Normvariante und müssen sorgfältig von echten Brüchen des Sesambeins unterschieden werden. Zwei oder mehrteilige Sesamknochen sind häufig und können bei gewissen Umständen Beschwerden verursachen, sind aber meist asymptomatisch. Der beste Weg die Diagnose zu stellen, ist ein Röntgen der gegenüberliegenden Seite anzufertigen, da zweiteilige Sesamknochen oft beidseitig vorzufinden sind, während eine echte Fraktur oft nur einseitig auftritt.

Wenn eine Diagnose nicht gestellt werden kann, kann man mithilfe einer MRT oder eventuell sogar einer CT die beiden Pathologien voneinander abgrenzen. Die MRT wird wahrscheinlich am häufigsten durchgeführt aber beide Untersuchungen können dabei helfen, Gelenkschäden in der Grosszehe (z.B. Arthrose), eine Verletzung der Gelenkskapsel (Turf Toe), einen Bereich mit totem Knochen (Gefässerkrankung oder Osteochondrose) oder eine Stressfraktur eines der Sesamknochen zu bestimmen.

Behandlung

Vor der Behandlung muss abgeklärt werden, ob die Beschwerden nicht evtl. durch eine akute Fraktur des Sesambeins, eine Pseudoarthrose oder eine „Turf-Toe“-Verletzung verursacht wurden. Diese Erkrankungen werden normalerweise unterschiedlich behandelt und reagieren auch unterschiedlich auf die Therapie. In einigen Fällen kann die Sesambeinentzündung einen chronischen, verschlimmernden und therapieresistenten Verlauf nehmen. Glücklicherweise kann sie in den meisten Fällen effektiv mit verschiedenen Massnahmen, welche den Fuss entlasten, und einer Kontrolle der Entzündung behandelt werden. Zusätzlich zur Entlastung verbessern andere Verfahren, wie beispielsweise eine befristete Veränderung der Bewegungsgewohnheit (um repetitive Verletzungen des Sesambeins zu verhindern), die Einnahme von entzündungshemmenden Medikamenten oder Kühlung, die Symptomatik. Spezifische Behandlungen beinhalten:

  • Veränderung der Bewegungsgewohnheit: Die Beschwerden werden oft durch eine Steigerung des Aktivitätsniveaus, ein Wechsel des Schuhwerks oder eine Änderung der Belastung verursacht – alles was zu erhöhten Kräften und/oder wiederholter Belastung in diesem Fussbereich führt.
  • Das Vermeiden aller auslösenden Aktivitäten ist ein erster wichtiger Schritt zur Linderung der Symptome einer Sesambeinentzündung. Damit das chronisch verletzte Gewebe genesen kann, sollen Patienten das Aktivitätsniveau reduzieren oder zu anderen Aktivität wechseln. Dies reduziert die Belastung auf den betroffenen Bereich.
  • Nachdem sich die Beschwerden gelegt haben und eine andere Behandlung eingeleitet wurde, kann das Aktivitätsniveau schrittweise auf das ursprüngliche Niveau gesteigert werden. Es kann selten vorkommen, dass dieses nicht wieder erreicht wird.
  • Entlastung durch Schuheinlagen: Eine Einlage, die den Bereich unterhalb der Grosszehenbasis dämpft und entlastet, kann sehr förderlich sein. Dies kann entweder durch eine polsternde Einlage mit Pelotte oder durch eine individuell angepasste oder eine serienmässig vorgefertigten Orthese, mit einem vertieften Bereich unterhalb der Grosszehenbasis, erreicht werden.
  • Bequemes, gut gepolstertes und unterstützendes Schuhwerk: Schuhe, welche die Kräfte gleichmässig von der Vorderseite des Fusses wegleiten, können hilfreich sein. Typischerweise werden Schuhe mit einer steifen aber unterstützenden Sohle und einer leicht abgerundeten Kontur (Abrollrampe) bevorzugt. Es ist wichtig eine Abrollrampen-Sohle mit einer weichen oder geschwungenen Einlage/Orthese zu kombinieren. Eine alleinige Verwendung einer steifen Sohle könnte die Symptomatik verschlimmern.
  • Entzündungshemmende Medikamente (NSAR): Bei Patienten welche keine Kontraindikationen aufweisen, können entzündungshemmende Medikamente eine Linderung der Schmerzen bewirken. Es ist wichtig zu verstehen, dass NSAR die Schmerzen behandeln aber nicht die zugrundeliegende Ursache therapieren, welche dafür ursächlich ist (wiederholte lokale Belastung).
  • Kortikosteroid-Injektion: Gelegentlich, falls die oben genannten Behandlungsmodalitäten scheitern, können Steroidinjektionen indiziert sein. Dies sollte jedoch nicht als Teil der Standardtherapie betrachtet und nur bei äusserst hartnäckigen Fällen durchgeführt werden.
  • Chirurgische Intervention: In seltenen Fällen kann eine Exzision des chronisch entzündeten Sesambeins in Erwägung gezogen werden, nachdem alle nicht-operativen Behandlungen gescheitert sind. Meist wird nur eines der beiden Sesambeine entfernt. Darüber hinaus können verschiedene chirurgische Verfahren das Sesambein entlasten und kommen bei leichten Fällen bzw. besonders bei Patienten mit einer mechanischen Überlastung durch ein höheres Fussgewölbe, in Frage. Die Mehrheit der Patienten wird jedoch konservativ (nicht-operativ) therapiert.