Zusammenfassung
Beim Kompartmentsyndrom des Unterschenkels handelt es sich um ein Leiden, das durch starke Schmerzen und Schwellungen im Bein über den betroffenen Muskeln gekennzeichnet ist. Diese Muskeln sind innerhalb eines relativ starren Kompartiments, welches aus dickem Fasergewebe (Faszien) und Knochen besteht, „eingesperrt“. Falls die Muskulatur anschwillt, kann sich diese bis zu einem gewissen Punkt ausdehnen, an dem das Blut die Muskeln nicht mehr erreichen kann. Dies führt zu starken Schmerzen und letzten Endes zum Absterben der Muskulatur. Das Kompartmentsyndrom tritt oft im Rahmen eines Traumas auf, wie z.B. einer Unterschenkelfraktur. Es kann aber auch nach sportlichen Aktivitäten auftreten.
Entstehung
Das durch Bewegung ausgelöste Kompartmentsyndrom macht sich klassischerweise durch starke Schmerzen im Unterschenkel bemerkbar. Diese treten meist nach einer intensiven oder länger andauernden sportlichen Aktivität auf der Vorderseite oder seitlich des Unterschenkels auf. Es kann zur Taubheit im Fuss kommen und die Muskeln, welche den Fuss anheben, können nicht mehr funktionsfähig sein, was zu Schwierigkeiten beim Anheben des Fusses führt. Dieser Zustand wird als „Fallfuss“ bezeichnet wird. Ein häufiges Szenario ist ein Patient, der eine intensive sportliche Aktivität wie beispielsweise Tennis spielt und danach über Schmerzen, Taubheitsgefühl und einen Fallfuss klagt. Bei Sistieren der Aktivität nehmen die Beschwerden in der Regel ab, obwohl es trotzdem gelegentlich zu einer geringen Funktionsstörung der betroffenen Muskeln kommen kann. Im schlimmsten Fall werden die Muskeln nach Beendigung der Aktivität nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt und es kommt zum Untergang von einzelnen Muskelfasern.
Körperliche Untersuchung
Patienten mit einem trainingsinduzierten Kompartmentsyndrom sind oftmals klinisch unauffällig, sofern sie nicht sportlich aktiv sind. Die Symptome können jedoch reproduziert werden, wenn der Patient sich bewegt. Dies beinhaltet u.a. eine starke Schwellung der Muskulatur, die normalerweise vorne oder seitlich am Unterschenkel auftritt. Zusätzlich kann eine Schwäche und Schwierigkeiten bzw. Unfähigkeit, den Fuss anzuheben beobachtet werden. Des Weiteren kann es auch zu Taubheitsgefühlen auf der Oberseite des Fusses kommen, da die Nerven, welche diesen Bereich versorgen, in den Kompartimenten auf der Vorderseite und Aussenseite des Beines verlaufen.
Um die Beschwerden zu reproduzieren, werden die Patienten aufgefordert, Sport zu treiben. anschliessend können die Druckverhältnisse in den Kompartimenten gemessen werden. Falls diese innerhalb von 20 oder 30 mmHg von dem unteren Blutdruckwert (dem diastolischen Druck) entfernt liegen, wird die Diagnose eines Kompartmentsyndroms gestellt.
Behandlung
Die Behandlung des durch Bewegung induzierten Kompartmentsyndroms besteht zunächst darin, die Aktivitäten zu vermeiden, welche die Beschwerden verstärken. Es handelt sich dabei oft um nur wenige, sehr spezifische Aktivitäten, welche die Symptome auslösen. Falls der Patient diese vermeiden kann, benötigt dieser normalerweise keine weiteren Interventionen.
Chirurgische Behandlung
Bei anhaltendem, durch Bewegung induziertem Kompartmentsyndrom oder bei einem Kompartmentsyndrom, das immer wieder auftritt und Beschwerden verursacht, sollte das involvierte Gewebe, welches die Muskeln begrenzt (Faszie), durchtrennt werden. Im Wesentlichen geht es darum, die Haut und das Weichteilgewebe bis hinunter zur angespannten, einengenden Faszie zu durchtrennen. Diese Faszie wird aufgeschnitten, wodurch Raum für die Ausdehnung des Muskels geschaffen wird. Dadurch wird eine ausreichende Durchblutung beim Verwenden der Muskulatur ermöglicht.
Gelegentlich kann ein akutes sportliches Ereignis, wie z.B. ein langes Tennisspiel oder Rennen, zu einem Kompartmentsyndrom führen, welches nach Beendigung der Aktivität nicht bessert. Dabei handelt es sich um einen chirurgischer Notfall und erfordert eine sofortige Entlastung des betroffenen angespannten Kompartiments. Erfolgt diese nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums, kommt es oft zum Untergang der Muskulatur und einer damit verbundenen Dysfunktion wie beispielsweise einem Fallfuss.