Auch: retrocalcaneale bursitis, Haglund-Deformität, Achillessehnen-Ansatz-Entzündung
Zusammenfassung
Das primäre Symptom, das von Patienten mit einer sogenannten „terrible triad of posterior heel pain“ beschrieben wird, ist ein Schmerz im hinteren Teil der Ferse (Abbildung 1). „Terrible triad of posterior heel pain“ beinhaltet:
- Achillessehnen-Ansatz-Entzündung
- Retrocalcaneale Schleimbeutelentzündung
- Haglund-Deformität
Die Patienten weisen unter Umständen auch eine Schwellung auf, die äusserst schmerzhaft sein kann. Beim Stehen, Gehen und Tragen von engen Schuhen nehmen die Beschwerden in der Regel zu. Patienten die unter dieser Erkrankung leiden befinden sich häufig im mittleren Alter und sind vermehrt übergewichtig. Eine andere Risikogruppe sind junge, aktive Läufer.
Klinische Präsentation
Haglund-Deformität
Die Haglund-Deformität ist eine knöcherne Erhebung, die mit dem oberen Teil des Fersenbeins (Calcaneus) verbunden ist. Dieser markante Knochen entsteht über einen Zeitraum von vielen Jahren und kann letztendlich zu Irritationen führen, indem er benachbarte Strukturen reizt (Abbildung 2).
Retrocalcaneale Schleimbeutelentzündung
Überall dort, wo Gewebe aneinander reibt, bildet sich ein Schleimbeutel, der ein sanftes Gleiten des Gewebes ermöglicht. Ein Schleimbeutel ist ein mit Flüssigkeit gefüllter Beutel, der physiologischerweise überall im Körper vorkommen kann. Obwohl er nur wenige Zellschichten breit ist, kann ein Schleimbeutel bei Reizung deutlich verdickt und schmerzhaft sein. Dies wird als Bursitis bezeichnet.
Der retrocalcaneale Schleimbeutel ist so ausgerichtet, dass die Achillessehne über den hinteren Teil des Fersenbeins gleiten kann. Falls dieser Knochen vergrössert ist, kommt es zu einer Entzündung des Schleimbeutels. Diese Entzündung führt zu leichten Schmerzen im hinteren Bereich der Ferse und kann ein Vorsprung zur Folge haben, welcher als „Pump-Bump“ bezeichnet wird.
Achillessehnen-Ansatz-Entzündung
Die Achillessehne verbindet die Wadenmuskulatur mit dem Fersenbein. Als stärkste und grösste Sehne im Körper ist die Achillessehne ständig Kräften ausgesetzt, die 2-4 Mal so gross wie das Körpergewicht einer Person sind. Die Kräfte sind bei sportlicher Betätigung noch grösser, so dass die Achillessehne regelmässig einer enormen Belastung ausgesetzt ist. Diese repetitive Belastung kann im Laufe der Zeit zu einem degenerativen Verschleiss führen. Dies vor allem dort, wo die Sehne am Fersenbein (Calcaneus) ansetzt. Diese Degeneration löst eine Entzündungsreaktion aus und verursacht Schmerzen im Bereich der Ferse. Schlussendlich kann sich die entzündete Achillessehne verkalken und knochenartige Fragmente innerhalb der Sehne bilden.
Anamnese
Bei hinteren Fersenschmerzen sind die Schmerzen vor allem über dem Fersenrücken bzw. an der Stelle, an der die Achillessehne am Fersenbein inseriert zu lokalisieren. Die Symptome nehmen kontinuierlich zu, jedoch kann auch ein plötzlicher Anstieg des Aktivitätsniveaus die Beschwerden auslösen. Die Patienten verspüren eine Schwellung und nehmen teilweise eine Beule wahr, die bei eng anliegenden Schuhen als störend empfunden wird. Laufen kann die Symptome verschlimmern.
Untersuchung
Bei der Untersuchung der Fersen im Seitenvergleich ist eine höhere Schmerzempfindlichkeit und Schwellung der betroffenen Ferse zu beobachten. Zusätzlich ist diese gelegentlich gerötet und teilweise hinken die Patienten oder haben Schwierigkeiten beim Versuch einen ganzen Schritt zu machen. Bei chronischen Fällen verlängert sich die Sehne und die Patienten klagen über Schwierigkeiten beim Anheben der Ferse.
Behandlung von hinteren Fersenschmerzen aufgrund einer Achillessehnen-Ansatz-Entzündung
Nicht-operative Behandlung
Zu Beginn werden die hinteren Fersenschmerzen nicht-operativ behandelt. Dies beinhaltet traditionellerweise:
- Anheben der Ferse oder die Verwendung eines Schuhs mit einem entsprechenden Absatz. Barfussgehen oder Gehen in einem Schuh mit flacher Sohle erhöht die Spannung auf den Achillessehnenansatz. Die Verwendung eines Fersenhebers oder eines Schuhs mit moderatem Absatz kann sowohl die Belastung auf die Sehne verringern als auch die Reizung durch diesen Krankheitszustand verringern.
- Wadenstreckung: Regelmässiges Dehnen der Wadenmuskulatur kann dabei helfen, die Beweglichkeit und Länge der Achillessehne zu verbessern. Das macht sie widerstandsfähiger gegenüber der Abnutzung durch wiederholte Belastung beim Stehen und Gehen.
- Nichtsteroidale-Entzündungshemmer (NSAR) können dabei helfen die Beschwerden zu lindern, behandeln aber nicht die eigentlich zugrundeliegende Pathologie. Sie wirken, indem sie die Entzündungsreaktion des Körpers reduziert und die Schmerzen in der Ferse verringern. Falls ein Patient in der Vergangenheit Magenprobleme wie Geschwüre oder Sodbrennen hatte, sollten NSAR vermieden oder entsprechende Vorsichtsmassnahmen getroffen werden. Jüngste Daten zeigen ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei längerer Einnahme dieser Medikamente.
- Gewichtsverlust: Viele Patienten mit hinteren Fersenschmerzen sind übergewichtig. Eine gezielte Gewichtsabnahme kann eine der effektivsten Möglichkeiten sein, diese Krankheit zu behandeln. Die Achillessehne ist bei repetitiven, täglichen Aktivitäten (z.B. Gehen und Stehen) oft Belastungen ausgesetzt, die einem Vielfachen des Körpergewichts entsprechen. Daher kann es sehr hilfreich sein das Gewicht zu reduzieren (und dies bereits ab 2-4kg).
- Gips oder Unterschenkel-Orthesen: Das Tragen einer abnehmbaren Orthese oder Künzli-Schuhes während 4-8 Wochen kann eine Heilung des degenerativen Sehnenrisses ermöglichen. Zu Beginn ist diese Behandlung oft recht erfolgreich, falls aber die Ursache der mikroskopischen Sehnenrisse nicht behoben wird, können die Beschwerden erneut auftreten.
Operative Behandlung
Aufgrund der langwierigen Genesung im Zusammenhang mit einer Operation und dem relativ unvorhersehbaren postoperativen Ergebnis sollten die konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden, bevor eine Operation in Anbetracht gezogen wird. Bei Spitzensportlern, die eine Haglund-Deformität durch Laufen entwickelt haben, kann eine Operation gerechtfertigt sein. Eine Operation beinhaltet in der Regel:
- Entfernung des prominenten überschüssigen Knochens im Zusammenhang mit der Haglund-Deformität.
- Entfernung des verdickten, entzündeten Schleimbeutels.
- „Säubern“ (Debridement) der Achillessehne. Bei einigen Patienten, bei denen eine übermässige Degeneration der Sehne vorliegt, ist es notwendig, die Sehne teilweise oder vollständig zu entfernen und anschliessend wieder neu anzubringen. Ist dies der Fall, muss die komplett zerstörte Achillessehne durch eine andere Sehne, wie beispielsweise durch eine Sehne der grossen Zehe (Flexor hallucis longus), ergänzt oder sogar ersetzt werden.
Für die Heilung nach einer Operation wird viel Zeit benötigt. Zunächst wird das Bein ruhiggestellt, damit die Wunde heilen kann. Anschliessend kann mit leichten Bewegungsübungen begonnen werden. Die Patienten werden in den ersten sechs Wochen vor einer vollen Belastung geschützt, während die Sehne an den Knochen verheilt. Mit der Hilfe einer physiotherapeutischen Behandlung können die Patienten allmählich ihren Fuss wieder normal belasten und frühere Aktivitäten wieder aufnehmen. Die Kraftsteigerung kann mehrere Monate andauern und bis zu einem Jahr in Anspruch nehmen. Bei jüngeren, sportlichen Patienten verläuft die Genesung schneller.
Mögliche Komplikationen
Spezifische Komplikationen
Zu den spezifischen Komplikationen nach einer solchen Operation gehört das Risiko eines teilweisen oder vollständigen Abrisses der Achillessehne, an der Stelle an der sie am Fersenbein (Calcaneus) ansetzt (Insertion). Eine Infektion im Bereich der Achillessehne kommt zwar relativ selten vor, ist aber aufgrund der begrenzten Haut- und Weichteilabdeckung eine sehr ernstzunehmende Komplikation.
Allgemeine Komplikationen
- Wundinfektion
- Wunddehiszenz
- Verletzung des Nervus suralis
- Tiefe Venenthrombose (TVT)
- Lungenembolie (LE)
- Asymmetrischer Gang, der zu Rückenschmerzen oder anderen Beschwerden führen kann