Zusammenfassung

Gicht ist eine schmerzhafte, arthritische Erkrankung, die grundsätzlich alle Gelenke und sogar Weichteile, wie etwa Sehnen betreffen kann. Häufig ist jedoch das Gelenk an der Basis der Grosszehe betroffen (siehe Abbildung 1). Die Gicht tritt auf, falls Harnsäure (welche physiologisch im Blut vorhanden ist) in der Auskleidung des betroffenen Gelenkes auskristallisiert. Diese Harnsäurekristalle verursachen eine Entzündungsreaktion, die oft zu starken Schmerzen und Schwellungen führt. Risikofaktoren für Gicht sind erhöhte Harnsäurewerte im Blut, welche durch eine Ernährung mit hohem Anteil an rotem Fleisch, Meeresfrüchten oder Alkohol verstärkt werden können. Das Ziel der Erstbehandlung ist eine Verringerung der Beschwerden und beinhaltet den Einsatz von entzündungshemmenden Medikamenten, Ruhigstellen und Kühlung. Die langfristige Behandlung basiert auf dem Vermeiden von wiederkehrenden Schüben und auf der Verringerung der langfristigen Auswirkungen der Gicht auf die betroffenen Gelenke.

Abbildung 1: „Die Gicht“ von James Gilray (1799)

Klinische Präsentation

Gicht beschreibt eine Erkrankung, bei der sich Kristalle in unterschiedlichen Geweben im menschlichen Körper ablagern. Diese Kristalle bestehen aus Harnsäure. Dabei handelt es sich um eine Substanz welche physiologisch im menschlichen Körper als eines der Abbauprodukte der DNA vorkommt.  

Die Harnsäure ist normalerweise in unserem Blut gelöst und wird mit dem Urin ausgeschieden. Falls die Konzentration jedoch zu hoch ist, oder bei Patienten welche anfällig für Gicht sind, kann die Säure aus dem Blut auskristallisieren und zu Ablagerungen in den Gelenken, Sehnen oder zu anderen Beschwerden führen.

Patienten berichten oft über plötzlich auftretende Symptome wie starke Schmerzen, Schwellungen und Rötungen. Gicht kann beinahe jedes Gelenk im Körper betreffen. Bei ca. 75% aller Patienten, welche zuvor noch nie einen Anfall erlitten haben, ist jedoch das Gelenk an der Basis der Grosszehe (Podagra) betroffen. Andere Gelenke sind weniger häufig betroffen. Es ist bekannt, dass bestimmte Personen anfälliger für Gichtanfälle sind. Zu den Risikofaktoren gehören:

  • Erhöhte Harnsäurewerte im Blut. Schätzungsweise 10-20% der Personen mit einem hohen Harnsäuregehalt erleiden irgendwann in ihrem Leben einen Gichtanfall.
  • Frühere Gichtanfällen ist wahrscheinlich der grösste Risikofaktor für weitere Anfälle.
  • Proteinreiche Ernährung (erhöhte Einnahme von Purinen, ein Bestandteil der DNA). Dazu gehören: Rotes Fleisch, fettiger Fisch (Thunfisch, Lachs, Makrele, Hering und Sardinen) und Meeresfrüchte (Shrimps, Garnele, Jakobsmuschel und Hummer).
  • Alkoholkonsum kann einen Gichtanfall verursachen.
  • Nierenerkrankungen erhöhen möglicherweise das Risiko eines Gichtanfalls, weil ca. 70% der Harnsäure im Blut am Ende über die Nieren ausgeschieden wird. Falls die Nieren nicht optimal funktioniert, steigen die Harnsäurewerte im Blut.
  • Adipositas
  • Diabetes (erhöhte Blutzuckerwerte)

Nicht alle Patienten mit Gicht weisen auch erhöhte Harnsäurewerte auf, wennschon dies bei vielen der Fall ist. Daher basiert die Diagnose einer Gicht u.a. auf der Symptomatik des Patienten. Zusätzlich kann die Diagnose durch eine Untersuchung mit polarisiertem Licht unter dem Mikroskop (durch „Punktion“ oder „Absaugen“ am Gelenk) bestätigt werden. Längliche Stäbe aus Harnsäurekristalle werden unter dem Mikroskop mit polarisiertem Licht ersichtlich.

Bildgebung

Röntgenbilder zeigen wahrscheinlich keine Veränderung, ausser nach multiplen Anfällen oder bei anderen Pathologien im Gelenk, wie beispielsweise einem Hallux rigidus (Arthritis) in der Grosszehe. Bei Langzeitpatienten können Kristallansammlungen (sogenannte „Tophi“=Klumpen) eine Grösse erreichen, bei welcher sie auf Röntgenbilder zu sehen sind oder Knochenerosionen um das von Gicht betroffene Gelenk aufweisen. Die Bildgebung kann dabei helfen andere Erkrankungen, welche ein ähnliches klinisches Bild zeigen, auszuschliessen. Dazu gehören beispielsweise Frakturen, schwere Arthrose, Charcot Arthopathie, Infektionen und Pseudogicht (andere kristalline Ablagerungen im Gelenk). Eine MRT wird normalerweise für die Diagnosestellung einer Gicht nicht benötigt.

Behandlung

Bei der Erstbehandlung eines Gichtanfalls wird versucht, die Schmerzen, welche äusserst stark sein können, zu lindern. Nach Abklingen der Beschwerden, konzentriert sich die langfristige Behandlung auf eine Minimierung der Risikofaktoren für weitere Gichtanfälle.

Erstbehandlung

  • Entzündungshemmende Medikamente (NSAR): NSAR stellen die primäre Behandlung eines akuten Gichtfanfalls dar. Diese helfen dabei, die intensive Entzündungsreaktion, welche durch Harnsäurekristalle in der Auskleidung des Gelenks entstanden ist, abzuschwächen. Entzündungshemmende Medikamente können innerhalb weniger Stunden zu einer Linderung der Beschwerden führen. Patienten leiden jedoch unter Umständen an Magenbeschwerden. Deshalb sollten in solchen Fällen entzündungshemmende Medikamente mit einem Medikament kombiniert werden, das den Magen „schützt“. Bei Patienten, die ernsthafte Magenprobleme wie Geschwüre oder Blutungen hatten, sollten NSAR nicht verabreicht werden und eine andere Behandlungsoption bevorzugt werden.
  • Orale Kortikosteroide: Orale Steroide, wie z.B. Prednison, können ebenfalls hilfreich sein, die Entzündungsreaktion im betroffenen Gelenk zu verringern. Diese können sehr effektiv sein, allerdings auch zu Nebenwirkungen führen, welche mit dem behandelnden Arzt besprochen werden sollten.
  • Colchizin: Dieses Medikament kann innerhalb von 12 Stunden seit Beginn des Anfalls eingenommen wird. Bei manchen Patienten treten Durchfall oder Übelkeit als Nebenwirkungen auf.
  • Steroid-Injektionen in das Gelenk: Steroid-Injektionen direkt in das Gelenk können sich positiv auf die Symptomatik auswirken. Zusätzlich erlaubt die Entnahme von Flüssigkeit zum Zeitpunkt der Injektion die Diagnose Gicht bestätigen zu können. Während Steroid-Injektionen häufig durchgeführt werden, um die Beschwerden bei anderen Formen von Arthritis zu lindern, ist die Evidenzlage bei einem akuten Gichtanfall nur begrenzt.
  • Kühlung: Auflegen von Eis für jeweils 10-15 Minuten auf das betroffene Gelenk, kann dabei helfen, die akuten Schmerzen im Zusammenhang mit einem Gichtanfall zu lindern. Es ist nicht gänzlich geklärt, ob die Anwendung von Wärme auf den betroffenen Bereich hilfreich ist. Die Anwendung von Wärme erhöht die Durchblutung und könnte dadurch die Beschwerden verschlimmern. Jedoch wird vermutet, dass eine erhöhte Temperatur die Auskristallisation im Gelenk vermindert.
  • Elevation des betroffenen Gelenks: Das Anheben der betroffenen Extremität (beispielsweise Auflagern des Fusses auf einem Kissen), kann die Symptome lindern, indem es die Schwellung reduziert.
  • Viel Wasser trinken: Es wird angenommen, dass die Zunahme von viel Flüssigkeit dabei hilft, die Harnsäurekristalle zu verdünnen. Dies reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass sich weitere zusätzliche Kristalle im Gelenk bilden. Darüber hinaus kann eine erhöhte Flüssigkeitsaufnahme die Ausscheidung von Harnsäure über den Urin fördern.

Langzeitbehandlung

Um das Risiko eines erneuten Gichtanfalls so gering wie möglich zu halten, existiert eine Vielzahl von unterschiedlichen Behandlungsansätzen:

  • Allopurinol: Dieses Medikament senkt den Harnsäurespiegel im Blutkreislauf, indem es ein Enzym hemmt (Xanthinoxidase), welches Harnsäure produziert. Es wird häufig verabreicht und gilt allgemein als sicher. Es sollte jedoch NIE in Kombination mit Azathioprin (Imuran) eingenommen werden, da dies möglicherweise zu einer tödlichen Interaktion führen kann.
  • Fettarme, eiweissarme Diät: Purine kommen gehäuft in Rindfleisch und Meeresfrüchten vor, deren Abbau zu Harnsäure führt. Ein Verzicht der genannten Nahrungsmittel kann dementsprechend den Harnsäurespiegel im Blut senken und das Risiko künftiger Gichtanfälle verringern.  
  • Vermeiden von Alkohol: Alkoholkonsum kann Gichtanfälle provozieren und sollte deshalb bei Patienten mit erhöhtem Risiko für Gichtanfälle reduziert werden.
  • Vermeiden von Softdrinks: Viele Softdrinks enthalten hohe Konzentrationen von Fruktose-Sirup. Dieser kann den Harnsäuregehalt im Blut erhöhen, wodurch Gichtanfälle wahrscheinlicher werden.
  • Chirurgisches Entfernen der Gicht-Tophi: Gelegentlich bildet die Ansammlung von Harnsäure einen Klumpen (Gicht-Tophi) in der synovialen Auskleidung der betroffenen Gelenke. In seltenen Fällen werden diese so gross, dass sie operativ entfernt werden müssen.