Zusammenfassung

Einige Kinder entwickeln eine ausgeprägte Plattfussdeformität (Abbildung 1). Obwohl die Kinder unter Umständen über Schmerzen im Fussgewölbe während sportlichen Aktivitäten klagen, verursacht diese Deformität üblicherweise keine Beschwerden. In den meisten Fällen sind die Füsse beweglich und ist die Ursache einer zu straffen äusseren Wadenmuskulatur. Bewegliche Plattfüsse werden meistens konservativ (nicht-operativ) behandelt. Dies beinhaltet eine Dehnung der Wadenmuskulatur, eine Änderung der Bewegungsgewohnheiten und bequeme Schuhe mit kleinem Absatz.

Es ist normal, dass Kinder Plattfüsse haben!

Eine Plattfussdeformität tritt bei 20-30 Prozent der Bevölkerung und familiär gehäuft auf. Bei jedem Kind können Plattfüsse im Rahmen der normalen Entwicklung auftreten. Mit zunehmendem Wachstum werden, aufgrund einer stärkeren Muskulatur, die Füsse meistes weniger flach. Kinder mit Plattfüssen haben grundsätzlich keine Beschwerden. Der Hausarzt kann grundsätzlich unterscheiden welche Art von Plattfuss keinen Anlass zu Sorge gibt und ein Zuwarten als Therapie empfehlen.

Es gibt aber auch Kinder (oft Jugendliche) mit stark ausgeprägten Plattfüssen, die sich durch eine auffällige Abflachung des Fussgewölbes und ein Abspreizen der Füsse auszeichnen. Die meisten dieser Patienten haben keine Beschwerden oder klagen nur bei starker sportlicher Aktivitäten über Schmerzen in ihrem Fussgewölbe. Das Ausmass dieser Deformität kann dazu führen, dass die Eltern sich Sorgen machen und eine Zweitmeinung eines Facharztes einholen wollen. Eine sorgfältige Untersuchung hilft Fragen zu beantworten und mögliche weitere diagnostische Massnahmen oder Behandlungen einzuleiten.

Flexible Plattfussdeformität versus starre Plattfussdeformität

Aus Sicht der Behandlung ist es wichtig, die Art des Plattfusses zu bestimmen. Dabei unterscheidet man zwischen flexibel oder starr. Flexible Plattfüsse treten viel häufiger auf als starre Plattfüsse. Patienten mit dieser Deformität weisen im gesamten Fuss sehr bewegliche Gelenke und oftmals auch eine straffe Wadenmuskulatur auf. Starre Plattfüsse werden in der Regel durch eine Coalitio verursacht. D.h. zwei oder mehr Knochen wachsen während der Entwicklung zusammen. Typischerweise betrifft dies die Knochen im Rückfuss welche sich direkt unter dem Sprunggelenk befinden.

Untersuchung

Kinder mit Plattfüssen weisen eine auffallende Abflachung auf der Innenseite des Fussgewölbes auf. Oft spreizt sich der Fuss zusätzlich nach aussen ab (Abduktion). Der Gang ist normalerweise nicht beeinträchtig. Falls Schmerzen auftreten, kann ein Hinken beobachtet werden. Die Sensibilität im Fuss ist normalerweise nicht betroffen. Der Arzt wird versuchen zwischen einem flexiblen Plattfuss (gute Beweglichkeit des Rückfusses) und einem starren (limitierte Beweglichkeit des Rückfusses) zu unterscheiden. Die Beweglichkeit des Rückfusses – insbesondere, ob der Fuss nach innen (Inverision) oder nach aussen (Eversion) bewegt werden kann – bestimmt, ob die Deformität des Plattfusses flexibel oder starr ist. Während das Kind sitzt, stütz der Untersuchende den Knöchel ab und versucht dann behutsam, die Ferse von einer auf die andere Seite zu bewegen. Bei flexiblen Plattfüssen kann der Fuss leicht in beide Richtungen bewegt werden. Bei einer starren Deformität ist die Bewegung in eine oder beide Richtungen stark eingeschränkt. Des Weiteren kann der Untersuchende mithilfe des „Jack-Tests“ (oder Hübscher-Manövers) die Flexibilität überprüfen. Während des „Jack-Tests“ hält der Untersucher die Ferse in seiner Position und beugt den grossen Zehen nach oben. Falls sich ein Bogen bildet, ist der Plattfuss als „flexibel“ einzuordnen. Ist dies nicht der Fall, gilt er als starr.

Patienten mit einer flexiblen Plattfussdeformität haben oft einen sehr straffen äusseren Wadenmuskel (Gastrocnemius). Der Untersuchende testet die Festigkeit der Wadenmuskulatur, indem er das Bewegungsausmass des Knöchels bei gestrecktem und gebeugtem Knie beobachtet. Wenn das Knie gebeugt wird, ist der Wadenmuskel etwas weniger gespannt. Dies hat zur Folge, dass der Fuss relativ einfach zum Schienbein bewegt werden kann. Der Winkel zwischen dem Fuss und dem Unterschenkel wird als „Dorsalflexion über 90 Grad“ erfasst, falls der Fuss über einen rechten Winkel angehoben werden kann. Wenn der Test mit einem gestreckten Knie wiederholt wird, ist die Wadenmuskulatur (Gastrocnemius) straffer. Falls der Fuss mit gestrecktem Knie angehoben wird, kommt dieser oft 20 – 30 Grad unterhalb der Nullposition (rechter Winkel zum Unterschenkel) zu liegen. Falls dies während der Untersuchung beobachtet wird, kann daraus gefolgert werden, dass die Verspannung der Wadenmuskulatur während des normalen Gehens (oder anderen Aktivitäten) auftritt. Der straffe Muskel verhindert, dass sich der Knöchel ausreichend in Richtung des Schienbeins bewegen kann. Daraus resultiert eine kompensatorische Bewegung im Fussgelenk. Derjenige Teil des Fusses, der sich anpassen muss, ist der transversale Fusswurzelbereich, welcher aus dem Kalkaneokuboidal- und Talonavikulargelenken besteht. Eine kompensatorische Bewegung in diesem Bereich ermöglicht eine grössere Aufwärtsbewegung des Fusses. Jedoch verursachen die Kräfte ein Abspreizen des Fusses und daraus resultierend die Plattfussdeformität. Diese hat in manchen Fällen ein schmerzhaftes, ziehendes Gefühl entlang der Innenseite des Knöchels zur Folge. Bei einer flexiblen Plattfussdeformität konzentriert sich die erhöhte Belastung auf die Innenseite des Fussgewölbes und auf die Achillessehne. Deshalb ist es nicht ungewöhnlich, dass Kinder über Beschwerden in diesen Bereichen klagen und dies besonders während Phasen erhöhter Aktivität.

Bildgebung

Bei beiden Arten von Plattfussdeformitäten (flexibel oder starr) ist auf einer Röntgenaufnahme unter Belastung, eine Abflachung des Fussgewölbes zu sehen. Zusätzlich kann bei Patienten mit einer tarsalen Koalition die fusionierten Knochen oftmals schon mittels eines einfachen Röntgens dargestellt werden. Um gänzlich beurteilen zu können, ob eine tarsale Koalition vorhanden ist, ist es jedoch teilweise notwendig, eine Computertomographie (CT) durchzuführen. Bei einigen Patienten mit unklaren Beschwerden, kann eine MRT bei der Identifikation eines Knochenödems (erhöhter Blutfluss) oder anderen potenziellen Schmerzquellen hilfreich sein.

Flexible Plattfussdeformitäten werden fast immer konservativ (nicht-operativ) behandelt. Bei der Behandlung wird nicht versucht die Form des Fusses zu verändern, sondern vielmehr die Schmerzen zu kontrollieren oder die Allgemeinfunktion langfristig zu verbessern. Therapieoptionen beinhalten:

  • Veränderung der Bewegungsgewohnheit: Manchmal kann eine befristete (1-2 Wochen) Einschränkung der Aktivitäten ausreichen, um die Schmerzen zu behandeln. Weniger repetitive Belastung auf die Sehnen und Gelenke führt zu einer Abnahme der Schmerzen. Darüber hinaus kann ein Wechsel zu Aktivitäten, welche weniger belastend sind (z.B. ein Wechsel vom Laufen zum Radfahren), die Beschwerden ebenfalls lindern.
  • Dehnung der Wadenmuskulatur: Die Dehnung der Wadenmuskulatur ist ein wichtiger Bestandteil bei der Behandlung des flexiblen Plattfusses. Der äussere straffe Wadenmuskel wird gedehnt, indem man den Fuss nach innen dreht und die Wade bei geradem Knie streckt. Die Zusammenarbeit mit einem Physiotherapeuten kann dabei helfen, das Dehnen zu optimieren. Um bestmögliche Langzeitresultate zu erhalten, sollten täglich Dehnungsübungen durchgeführt werden.
  • Komfortschuhe mit einer dünnen Sohle oder kleinem Absatz: Das Tragen von Schuhen mit einem kleinen Absatz kann von Vorteil sein. Komfortschuhe können dabei helfen die Kraft gleichmässig nach oben auf das Bein zu übertragen, während ein kleiner Absatz dazu beiträgt, den Grad der Abflachung des Fussgewölbes während des Stehens, Gehens oder anderen Aktivitäten zu verringern.
  • Schuhe und Schuheinlagen: Man geht davon aus, dass Patienten mit einem Plattfuss von einer Orthese, welche das Gewölbe „stütz“, profitieren. Eine steife Orthese, welche konzipiert wurde um das Fussgewölbe anzuheben, kann unbequem sein, da die betroffenen Knochen nicht wirklich bewegt werden können. Hingegen kann sich eine weiche Orthese, welche das Fussgewölbe stützt, günstig auswirken. Solche Einlagen sind oft in Sport- oder Outdoor-Geschäften erhältlich. Massgefertigte Versionen, die wiederum auf einer moderaten, polsternden Wirkung basieren, werden teilweise von Patienten, welche die zusätzlichen Kosten auf sich nehmen wollen, bevorzugt. Der Wechsel von Einlegesohlen oder Orthesen sollte mit der Änderung der Schuhgrösse und dem Gesamtwachstum erfolgen. Die Art des Schuhs sollte jedem Patienten selbst überlassen sein. Es ist zu beachten, dass Druckpunkte verringert und wenn möglich stabile Materialien, welche die Sohle und die Seiten der Füsse stützen, verwendet werden sollten. Dies ermöglicht die Auswahl einer Vielzahl von Schuhen für alle Wetterbedingungen. Sogar einige Sandalen besitzen diese Eigenschaften. Hohe oder den Knöchel stützende Schuhe sind optional und nicht unbedingt erforderlich, werden jedoch von einigen Personen bei bestimmten Aktivitäten bevorzugt.

Operative Behandlung

Flexible Plattfussdeformitäten erfordern selten einen chirurgischen Eingriff. Bei Versagen der konservativen Therapie und falls Patienten über Schmerzen klagen, gibt es allerdings mehrere Behandlungsoptionen:

  • Gastrocnemius-Tenotomie beinhaltet eine Verlängerung des verdickten Abschnitts der Achillessehne. Diese Behandlung therapiert die vermutlich häufigste Ursache von Plattfüssen. Während das primäre Ziel dieses operativen Eingriffs die Linderung von Schmerzen ist, bildet sich manchmal das Fussgewölbe neu aus.
  • Die laterale verlängernde Osteotomie (Verlängerung der lateralen Säule) ist ein Verfahren, bei welchem der Plattfuss operativ korrigiert wird. Eine Osteotomie (Einschnitt in den Knochen) wird im Calcaneus durchgeführt und es wird ein speziell geformter Keil aus Knochen platziert. Diese Verlängerung erzeugt ein Gewölbe am Boden des Fusses. Es wird normalerweise in Kombination mit einer Gastrocnemius Verlängerung durchgeführt.
  • Bei der subtalaren Arthrodese handelt es sich um ein umstrittenes Verfahren. Es gibt einige überzeugte Verfechter aber auch einige harte Kritiker. Dabei wird eine Vorrichtung im Subtalargelenk plaziert, um den Fersenknochen in eine andere Position zu „kippen“. Dies ändert die Verteilung der Kräfte durch den Fuss, wodurch sich das Gewölbe neu formen kann. Während oft eine Entfernung des Implantats erforderlich ist, bleibt die Deformität nach Abheilung der Weichteile meist korrigiert.

Die Behandlung der starren Plattfussdeformität wird im Kapitel über tarsale Koalitionen ausführlich beschrieben.