Zusammenfassung

Achillessehnenrupturen kommen häufig vor bei sportlichen Personen zwischen 30 und 50 Jahren. Sie treten meistens während einer Sportart auf bei der plötzliche Richtungsänderungen nötig sind (z.B. Basketball, Tennis, etc.). Patienten beschreiben üblicherweise einen stechenden Schmerz in der Fersenregion als wäre ihnen „von hinten in die Ferse getreten worden“. Die Diagnose einer Achillessehnenruptur wird klinisch gestellt da das Röntgenbild der Knochen unauffällig ist. Die Achillessehne ist die längste und stärkste Sehne des Körpers (Abb. 1). Die Achillessehene wird während des Gehens mit dem 2-3 fachen Körpergewicht belastet, die Wiederherstellung ihrer Funktion ist also zentral. Eine Achillessehnenruptur muss in jedem Fall behandelt werden. Es gibt konservative wie auch operative Behandlungsmöglichkeiten.  Eine operative Behandlung führt zu einer rascheren Erholung und hat eine geringere Chance einer erneuten Ruptur. Operationen können aber auch schwere Komplikationen verursachen wie Infektionen oder Wundheilungsstörungen. Deshalb kann die nichtoperative Behandlung bei vielen Patienten vorteilhaft sein, vor allem bei Patienten mit Diabetes, Gefäßerkrankungen und bei langjährigen Rauchern.

.Achillessehnenruptur
Abb. 1: Achillessehne

Klinische Präsentation

Die Achillessehne ist die längste und stärkste Sehne des Körpers (Abb. 1). Sie hilft dabei, den Fuss während des Gehens und Rennens zu kontrollieren. Achillessehnenrupturen betreffen häufig Patienten im Alter von 30-50 Jahren. Diese Rupturen treten häufig auf wenn ein Athlet plötzlich seine Richtung ändert (Abb. 2).  Patienten spüren einen stechenden, intensiven Schmerz im Bereich der Ferse. Patienten denken im ersten Moment häufig sie seien “von hinten in die Ferse getreten worden“ und merken dann, dass niemand hinter ihnen steht. Diese Rupturen entstehen weil die Wadenmuskeln während eines Richtungswechsels eine enorme Kraft auf die Achillessehne übertragen. Da die Achillessehne im Alter steifer und schwächer wird, kommen Achillessehnenrupturen am häufigsten bei Personen zwischen 30-60 Jahren vor. Nach der Verletzung kommt es zu einer Schwellung im Bereich der Ferse. Wenn die Patienten danach überhaupt laufen können, dann mit einem gut sichtbaren Hinken. Die Ruptur der Achillessehne setzt die Wadenmuskulatur ausser Kraft, welches die wichtigste Muskelgruppe fürs Gehen und Rennen ist (Abb. 3). In seltenen Fällen kommt es zu einer Teilruptur der Achillessehne. Daneben können auch eine Achillessehnenentzündung oder eine Teilruptur des Wadenmuskels (M. Gastrocnemius), welcher an der Achillessehne ansetzt, zu Schmerzen in dieser Region führen.

Abbildung 2: Verletzungsmechanismus – Plötzlicher Richtungswechsel führt zu einer maximalen Belastung der Achillessehne.
Abbildung 3: maximale Belastung der Achillessehne beim Gehen – Anheben der Ferse

Ist die Achillessehne intakt, sollte sich der Fuss anheben (Plantar Flexion). Ist die Sehne gerissen wird sich der Fuss nicht bewegen.

Abbildung 4: Der Thompson-Test

Untersuchungen

Klinische Untersuchung
Die Diagnose einer Achillessehnenruptur wird rein klinisch gestellt. Häufig gibt es einen Substanzdefekt 2-5cm vor dem Ansatz der Sehne am Fersenbein. Der wichtigste Test um festzustellen ob eine Achillessehnenruptur vorliegt ist der Thompson Test. Dabei Liegt der Patient auf dem Bauch und der Arzt drückt auf den Wadenmuskel. Ist die Achillessehne intakt, sollte sich der Fuss anheben (Plantar Flexion). Ist die Sehne gerissen wird sich der Fuss nicht bewegen.

Patienten sind üblicherweise in der Lage den Fuss selbst anzuheben da andere umliegende Muskeln und Sehnen in diesem Bereich nicht verletzt sind. Die Sensibilität und Durchblutung des Fusses ist normal. Das Röntgenbild ist normal, ausser bei der Ruptur ist ein Teil des Fersenbeins (Calcaneus) mit ausgerissen worden, was aber selten auftritt. Diese Art der Verletzung kommt häufiger bei älteren Patienten mit schwächeren Knochen vor.

Bildgebende Untersuchungen
Native Röntgenaufnahmen sind unauffällig bei einer Achillessehnenruptur. Die Ruptur kann im MRI gesehen werden. Eine akute Achillessehnenruptur alleine ist aber keine Indikation für ein MRI, ausser es bestehen Zweifel an der Diagnose. Bei chronischen Problemen nach einer Achillessehnenruptur kann ein MRI jedoch hilfreich sein.

Ultraschall kann ebenfalls verwendet werden um eine Achillessehnenruptur zu bestätigen. Bei Patienten mit nichtoperativer Behandlung kann der Ultraschall auch dazu dienen, den Heilungsprozess zu überwachen.

Behandlung

Achillessehnenrupturen können nichtoperativ oder operativ behandelt werden. Beide Behandlungsmöglichkeiten haben sowohl Vor- wie auch Nachteile. Grundsätzlich zeigen junge Patienten ohne andere medizinische Probleme bessere Ergebnisse mit einer Operation, während ältere Patienten mit weiteren schwerwiegenden Erkrankungen mehr von einer nichtoperativen Behandlung profitieren. Wie die Behandlung eines Patienten in Einzelfall erfolgt, sollte individuell mit jedem Patienten besprochen werden und die Vor- und Nachteile beider Optionen gegeneinander abgewogen werden. Es ist wichtig zu realisieren dass eine Achillessehnenruptur sowohl nichtoperativ wie auch operativ versorgt werden kann, eine Behandlung aber in jedem Fall notwendig ist. Eine vernachlässigte Achillessehnenruptur (werden die beiden Rissstücke nicht konsequent zusammengehalten) führt zu einer markanten Dysfunktion des Unterschenkels beim Gang, was Ursache zahlreicher anderer Probleme sein kann. Des Weiteren ist eine spätere Rekonstruktion einer nicht behandelten Achillessehnenruptur viel komplexer als eine sofortige Behandlung.

Nichtoperative Behandlung
Die nichtoperative Behandlung besteht aus der Immobilisation des Fusses in einer abwärts Position [Plantar Flexion] bis die Achillessehne verheilt ist. Dies wird üblicherweise erreicht durch einen Gipsverband oder einem Spezialschuh für 6 Wochen mit keiner bis eingeschränkter Belastung. Danach erhalten diese Patienten spezielle Schuhe mit Knöchelstützen und können damit kontinuierlich das Bewegungsausmass erhöhen. Bei einer nichtoperativen Behandlung ist es wichtig, dass der Heilungsprozess der Achillessehne überwacht wird. Dies kann durch klinische Untersuchung oder mit Ultraschall geschehen.  Treten dabei Zeichen einer Lücke oder des Nichtheilens auf, muss eine Operation in Betracht gezogen werden. Um die nichtoperative Behandlung zu verbessern wurden formelle Protokolle entwickelt, mit welchen gute Resultate erzielt werden. Der Fokus der Behandlung liegt darauf, dass die Sehne kontinuierlich ist und in befriedigender Weise verheilt.

Der hauptsächliche Vorteil der konservativen Behandlung ist, dass ohne eine Operation keine Wundinfektionen oder Wundheilungsstörungen auftreten können. Wundinfektionen infolge einer Operation der Achillessehnenruptur können fatale Folgen haben, desshalb sollte die nichtoperative Behandlung bei vielen Patienten in Betracht gezogen werden.

Der gewichtigste Nachteil der konservativen Behandlung ist die längere Erholungszeit. Die wichtigsten Ziele der Behandlung werden mit einer Operation im Durchschnitt 3-4 Wochen früher erreicht. Zusätzlich scheint die Chance einer wiederholten Ruptur grösser zu sein bei der nichtoperativen Behandlung. Eine erneute Ruptur tritt üblicherweise 8-18 Monate nach der ersten Ruptur auf.

Operative Behandlung
Die Operative Behandlung der Achillessehnenruptur beinhaltet das Aufschneiden der Haut und die Identifizierung der gerissenen Sehne. Diese wird zusammengenäht um eine stabile Verbindung herzustellen. Dies wird erreicht durch eine Standard Achillessehnen-Naht oder mittels der Mini-Inzisions-Technik (um mehr über die verschiedenen Techniken zu erfahren, lesen Sie unter “Verfahren” – Achillessehnen-Naht). Durch das Zusammennähen der beiden Achillessehnenenden behält diese ihre Kontinuität und kann schneller mobilisiert werden. Es muss jedoch beachtet werden, dass die Stärke der Naht in keiner Weise ausreichend ist um die Sehne normal zu belasten bis die Sehne adäquat verheilt ist. Eine funktionelle Rehabilitation hingegen kann damit früh durchgeführt werden um dadurch die Wadenmuskulatur zu erhalten, welche bei konservativer Behandlung atrophieren würde.

Die potentiellen Vorteile einer offenen Operation der Achillessehne beinhalten:

  • Schnellere Erholung:
    Der Patient verliert weniger Kraft.
  • Frühe Mobilisation:
    Der Patient ist in der Lage den Knöchel früher zu bewegen, was es einfacher macht die Mobilität wieder zu erreichen.
  • Weniger Gefahr einer wiederholten Ruptur:
    Das auftreten einer erneuten Ruptur ist signifikant geringer bei operierten Patienten (2-5%) verglichen mit Patienten welche eine nichtoperativen Behandlung erhalten haben (8-15%).

Die wichtigsten Nachteile einer Operation sind das Risiko einer Wundheilungsstörung, welche zu einer tiefliegenden Infektion führen kann die schwer zu behandeln ist, oder eine schmerzhafte Narbe.

Rehabilitation

Basierend auf wissenschaftlichen Studien ist es weitgehend anerkannt, dass eine protokollierte Übungsserie (kombiniert mit spezifischen Instruktionen zu Gewichtstraining) zur optimalen Erholung führt, wobei es keine Rolle spielt ob die Achillessehnenruptur operativ oder konservativ behandelt wurde.

Der Rahmen der Übungen ist wie folgt definiert (adaptiert an Willets et al, Journal of Bone and Joint Surgery [JBJS] 2011):

  • Woche 0-2
    Der Knöchel ist geschient bei 20° Plantar Flexion (oder eine Erhöhung um 2cm wird in einem Orthopädischen Schuh unter der Ferse). Es wird kein Gewicht an den Fuss angelegt.  Im Falle einer Operation wird in dieser Zeit die Wunde kontrolliert.
  • Woche 2-4
    Der Knöchel bleibt geschient in Plantar Flexion. Beginn der Übungen, mehrere Male pro Tag ohne Schiene.  Die Übung besteht aus vorsichtigen Auf- und Abwärtsbewegungen des Fusses, wobei darauf geachtet werden muss die Sehne nicht über die neutrale Position zu bewegen (90°). Ebenfalls wird eine leichte Inversion und Eversion des Fusses in Plantar Flexion durchgeführt.
  • Woche 4-6
    Es kann leichtes Gewicht an den Fuss angelegt werden. Die Übungen werden wie oben beschrieben fortgeführt und die Schiene wird weiterhin Tag und Nacht getragen.
  • Woche 6-8
    Die Plantar Flexion kann aufgehoben werden, die Schienung bleibt weiterhin bestehen. Die Übungen werden fortgeführt mit sanftem Dehnen der Sehne über 90°. Die Wadenmuskulatur kann etwas gestärkt werden indem mehr Gewicht an den Fuss angelegt wird.
  • Woche 8-12
    Die Schiene wird kontinuierlich weniger getragen, es können Krücken benützt werden falls nötig. Das Bewegungsausmass, die Kraft und die Propriozeption werden kontinuierlich erhöht.
  • Woche 12+
    Die normalen Schuhe werden angepasst und Sport spezifisches Training sollte ebenfalls individuell angepasst werden.