Klinische Präsentation

Diabetische Ulzerationen können ziemlich problematisch sein. Bei Diabetikern mit einem Vorfussulkus, ist es nicht ungewöhnlich dass am Ende der Fuss oder manchmal sogar das Bein teilweise bzw. vollständig amputiert werden muss.

Bei Patienten mit langanhaltendem Diabetes, welche eine verminderte oder sogar gänzlich verlorene Empfindung in ihrem Fuss besitzen, besteht das Risiko für die Entwicklung einer diabetischen plantaren Ulzeration an der Fusssohle. Häufig bemerken Patienten mit Diabetes nicht, dass ihr Empfinden im Bereich der Füsse vermindert oder verändert ist. Die veränderte Wahrnehmung hindert den Patienten dabei Schmerzen zu empfinden, welche üblicherweise bei nicht passenden Schuhen oder Blasen auftreten sollten. Deshalb kommt es häufig zu dieser Komplikation und daraus resultierend zu einem Abbau von Gewebe über der Druckstelle am Fuss. Dies kann zu einem Ulkus führen. Oftmals beginnt dies als Kallus (Schwiele), oder als einfache Blase. Wenn jedoch die Blasenhaut entfernt wird, wird das darunter liegende Ulkus ersichtlich. Patienten, welche die protektive Sensibilität verloren haben, sind daher einem höheren Risiko ausgesetzt, ein Geschwür zu entwickeln. Insbesondere wenn ihre Füsse zusätzliche Deformationen wie ein Hallux valgus oder Hammerzehen aufweisen.

Körperliche Untersuchung

Die körperliche Untersuchung konzentriert sich auf die Lokalisation des diabetischen Ulkus, sowie auf das tieferliegende Gewebe. Es ist wichtig zu beurteilen, ob das Ulkus bis zum Knochen oder dem Gelenk reicht. Dies kann zu einer Knocheninfektion (Osteomyelitis) führen. Ein fauliger Geruch oder eine Rötung, die sich vom Ulkus bis zum Fuss oder zum Bein ausbreitet, kann hinweisend auf eine ernstzunehmende Infektion sein. Typischerweise treten Ulzerationen über hervorstehenden Stellen auf, welche oft mit der Basis von einem oder mehreren Zehen in Verbindung stehen. Jedoch können Geschwüre auch an anderen Stellen auftreten. Sie können beispielsweise über der Oberseite oder an der Spitze einer deformierten Zehe entstehen. Zuweilen treten Ulzerationen auch am Fussballen auf, wiederum verbunden mit einer Stelle welche hervorsteht und übermässig beansprucht wird, wie beispielsweise bei einem Hohlfuss. Im Wesentlichen ist jeder Bereich am Fuss gefährdet, welcher repetitiver Belastung ausgesetzt ist. Risikofaktoren für die Entwicklung eines Ulkus beinhalten nicht nur hervorstehende Stellen welche überdurchschnittlich stark belastet werden, sondern auch steife oder verspannte Muskeln und Gelenke wie beispielsweise ein straffer Wadenmuskel (Spitzfusskontraktur). Letzteres führt zu einer grösseren Hebelwirkung und somit einer erhöhten Kraft mit welcher der Vorfuss auf den Boden auftritt.

Des Weiteren muss die Sensibilität und die Durchblutung des Fusses beurteilt werden. Da auch Pathologien vorhanden sein können, welche bisher noch nicht diagnostiziert wurden, ist es bei der körperlichen Untersuchung wichtig, dass auch der anderen Fuss des Patienten untersucht wird. Eine Untersuchung der Schuhe auf abgenutzte Flächen und Fremdkörper, wie beispielsweise kleine Steine oder Nägel, muss ebenfalls durchgeführt werden. Aufgrund einer Pilzinfektion kann auch ein verdickter und übergrosser Zehennagel zu einem erhöhten Druck führen.

Bildgebung 

Um eine mögliche Knochen- oder Gelenksbeteiligung bestimmen zu können, wird in der Regel eine Röntgenaufnahme angefertigt. Gelegentlich kann eine MRI nützlich sein, um eine versteckte, tiefe Weichteilinfektion entlang der Sehnen bzw. im Zwischenraum der Muskeln oder eine Knocheninfektion besser beurteilen zu können. Teilweise ist eine Knochenszintigraphie indiziert, obwohl die Ergebnisse der Szintigraphie die Behandlungsstrategie oftmals nicht ändern und möglicherweise keine zusätzlichen Informationen gewonnen werden.  

Behandlung

Der Zweck der Behandlung ist die Beseitigung des Ulkus. Im Wesentlichen bedeutet dies, dass der Druck, welcher ursächlich für die Entstehung des Ulkus ist, beseitigt und daraus resultierend die Stelle der Ulzeration entlastet wird. Typischerweise wird dies mittels eines Vollkontaktgipses („Total Contact Cast“) oder einer Anpassung des Schuhwerks, um die Druckstellen zu entlasten, erreicht. Es besteht die Möglichkeit Patienten mit abnehmbaren „Diabetes Walker Boots“ auszustatten. In jedem Fall wird versucht die betroffene Stelle zu entlasten und somit dem Gewebe die Heilung zu ermöglichen. Falls dies gelingt, kann sich ein voll entwickeltes Ulkus innerhalb von 6-8 Wochen komplett zurückbilden.

Patienten welche Risikofaktoren für Ulzerationen aufweisen, jedoch konkret noch kein Ulkus entwickelt haben, können mit speziellen Einlagen, die entwickelt wurden um die Belastung auf dem betroffenen Bereich zu mindern, behandelt werden. Die Auskleidung dieser Einlagen besteht typischerweise aus einem weichen Material. Es passt sich der Fussform an und hilft dabei die Kräfte, welche auf die ulzerierte Stelle wirken, zu verteilen. Die Aufklärung der Patienten ist ein äusserst wichtiger Bestandteil bei der Behandlung einer Ulzeration bzw. Neuropathie. Idealerweise werden Ulzerationen präventiv behandelt. Diabetiker und insbesondere Patienten, welche eine veränderte Sensibilität in ihren Füssen besitzen, sollten:

  • immer geeignetes Schuhwerk tragen. Die Schuhe sollten nicht zu eng sein. Sie sollten keine Druckpunkte aufweisen und eine gute Einlage besitzen, die dabei hilft die Kräfte, welche beim Gehen wirken, zu verteilen. Die Schuhlasche sollte aus dehnbarem Material wie beispielsweise weichem Leder oder Stoff sein.
  • die Fusssohlen täglich auf mögliche Hautläsionen oder Blasenbildung untersuchen.
  • die Einlagen regelmässig kontrollieren.
  • helle, nahtlose Socken tragen, welche Druckpunkte durch Nähte verhindern und bei welchen Blutungen aus einer Blase leicht ersichtlich sind.
  • immer Schuhe tragen. Diese erlauben es auf heissen Oberflächen zu gehen. Barfusslaufen auf heissen Oberflächen, welche aufgrund der veränderten Wahrnehmung nicht als solche erkannt werden, stellt ein zusätzliches Risiko für Hautläsionen an der Fusssohle dar.
  • ihre Zehennägel gut getrimmt halten. Dabei werden die Zehen typischerweise entweder gerade oder mit einer sanften Kontur in der Form der Zehen getrimmt. Dies stellt sicher, dass die Innenseite und die Aussenseite der Zehennägel nicht an die Haut stossen und diese verletzen.
  • regelmässig ihre Füsse untersuchen lassen.

Die Behandlung einer Ulzeration erfordert möglicherweise auch ein Debridement (Wundausschneidung) des Kallus oder des nekrotischen Gewebes. Falls keine Infektion vorhanden ist und keine Knochen involviert sind, kann dies während der Sprechstunde durchgeführt werden. Ist dies nicht der Fall, ist ein Debridement in einem Operationssaal notwendig. Darüber hinaus wird zunehmend eine Verlängerung der Wadenmuskulatur oder der Achillessehne durchgeführt. Dies hilft dabei, insbesondere wenn sich die Ulzeration auf der Unterseite des Fussgewölbes (Mittelfuss) oder des Fussballen (Vorfuss) befindet, den Druck zu verringern. Eine zu starke Verlängerung sollte jedoch vermieden werden.

Diabetiker mit einer veränderten Wahrnehmung in ihren Füssen, welche eine Läsion in der Haut bemerken, sollten umgehend einen Arzt aufsuchen. Der Arzt kann Antibiotika verschreiben oder kurzfristig den Fuss entlasten, damit die Hautläsion heilen kann. Kleinere Läsionen in der Haut können, falls sie nicht korrekt behandelt werden, innerhalb weniger Tage zu schwerwiegenden, den Fuss bedrohenden Läsionen führen.