Zusammenfassung

Bei der Charcot-Arthropathie handelt es sich um einen zerstörenden Abbau der Fussgelenke bei Patienten mit einer Neuropathie (abnorme Empfindung). Die häufigste Ursache der Charcot-Arthropathie ist ein Diabetes. Die Krankheit wurde nach Jean Marie Charcot (1825-1893) benannt, der den Zusammenbruch der Fussknochen bei Patienten beschrieb, die aufgrund einer fortgeschrittenen Syphilis ihr Gefühl in den Füssen verloren hatten. Bei einer Neuropathie stellen Schmerzen in der Regel keine Frühsymptome dar. Stattdessen treten Schwellungen und Rötungen als Ursache für eine ärztliche Konsultation im Vordergrund. Die Behandlung erfolgt zunächst konservativ (nicht-operativ) und beinhaltet u.a. dass der Fuss so gering wie möglich belastet wird. Dazu wird ein Vollkontakt-Gips („Total-Contact-Cast“) oder Unterschenkel-Orthese solange getragen, bis der Fussknochen wieder stabiler ist.

Dies dauert oft 6-12 Monate oder länger. Das Ziel der Behandlung ist ein stabiler Fuss welche keine Deformitäten aufweist. Ansonsten kann durch pathologische Druckpunkte ein diabetisches Fussulkus entstehen. Ein operativer Eingriff wird im Wesentlichen nur bei einem instabilen und deformierten Fuss durchgeführt. Die Chirurgie ist oft mit einer hohen Komplikationsrate verbunden.

Klinische Präsentation

Der betroffene Fuss ist gewöhnlicherweise geschwollen, gerötet und überwärmt. Die Symptome können leicht mit denen einer Infektion verwechselt werden. Da Patienten mit einer Neuropathie ihre Füsse nicht mehr so gut spüren können, zählen Schmerzen normalerweise nicht zu den Frühsymptomen. Schwellungen und Rötungen treten in den Vordergrund. Diese Erkrankung kann Schmerzen verursachen, jedoch lindert die Neuropathie diese. Einige Patienten berichten von kleineren Verletzungen oder von körperlicher Aktivitäten, welche zu einer wiederholten Belastung auf ihre Füsse oder Knöchel geführt hat. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Charcot-Arthropathie ähnlich wie eine Infektion aussehen kann und häufig mit dieser verwechselt wird.

Die Charcot-Arthropathie kann in drei Stadien eingeteilt werden:

  • Fragmentierung: Wenn der Fuss geschwollen, gerötet und überwärmt ist. Dies kann Wochen andauern. In diesem Stadium ermüden die Knochen und werden weich. Dies macht ein Zusammenbruch und eine Zerstörung der Knochen und Gelenken möglich.
  • Koaleszenz (Verschmelzung): Nachdem die Rötung und die Schwellung abgenommen hat. In diesem Stadium verlangsamt sich die Zerstörung der Knochen und Gelenke. Der Körper versucht sich selbst zu heilen.
  • Auflösung: Wenn die Rötung und die Schwellung verschwunden sind. In diesem Stadium erholt sich die Knochenarchitektur und stellt sich selbst wieder her, um stärker zu werden.

Die drei Hauptstellen am Fuss sind die Tarsometatarsalgelenke (articulationes tarsometatarsales), das Chopart-Gelenk (Hinterfuss, direkt vor dem Knöchel), und das Sprunggelenk.

Die Charcot-Arthropathie ist eine besonders frustrierende und kräftezehrende Erkrankung die 6-12 Monate oder länger dauern kann. Des Weiteren kann sich die Form des Fusses verändern und auch trotz anfänglicher Verbesserung noch kollabieren. Die daraus resultierende Deformität stellt ein Risikofaktor für Ulzerationen oder die Entwicklung hervorstehender knöcherner Bereiche dar.

Untersuchung

Bei der Untersuchung des Fusses ist dieser gewöhnlicherweise gerötet und geschwollen. Durch ein Anheben des Fusses über Herzhöhe nimmt die Rötung normalerweise ab oder verschwindet gänzlich.

Mithilfe dieses Phänomens lässt sich die Arthropathie von einer Infektion unterscheiden, bei welcher die Rötung unverändert bleiben würde. Es ist wichtig die Haut auf Risse zu untersuchen, da diese eher auf eine Infektion als auf eine Charcot-Arthropathie hindeuten. Obwohl beide Erkrankungen gleichzeitig vorhanden sein können, stellt dies eher die Ausnahme dar.

Es ist wichtig, nach Fehl-Stellungen zu suchen. Das Ziel der Behandlung ist das Vorbeugen von Deformitäten. Daher ist das frühe Erkennen dieser äusserst wichtig, um den Fuss vor Schlimmerem zu bewahren. Da diese Erkrankung normalerweise Patienten mit einem teilweisen Verlust der Sinneswahrnehmung im Bereich des Fusses betrifft, wird bei der Untersuchung oft eine abnormale (jedoch nicht gänzlich fehlende) Empfindungen festgestellt. Jedoch tritt die Charcot-Arthropathie oft auf, bevor die Patienten eine Veränderung des Gefühls im Fuss bemerken. Die Durchblutung des Fusses sollte ebenfalls bestimmt werden.

Zusätzlich ist es wichtig, dass auch der andere Fuss untersucht wird. Eine Charcot-Arthropathie an einem Fuss erhöht das Risiko, dass der andere Fuss eine ähnliche Erkrankung entwickelt. Normalerweise tritt dies dies erst auf, nachdem der andere Fuss wieder gesund ist. Diabetiker sollten ihre Füsse regelmässig untersuchen lassen.

Bildgebung.

Regelmässige Röntgenaufnahmen sind wichtig. Im frühen Krankheitsstadium können Röntgenaufnahmen unauffällig sein. Manchmal ist eine Abnahme der Knochendichte (Osteopenie) oder ein Bruch sichtbar. Falls es sich um ein fortgeschrittenes Krankheitsstadium handelt, können auf dem Röntgenbild Deformitäten des Fusses oder des Knöchels beobachtet werden.

Eine Computertomographie (CT) kann hilfreich sein, um ein detaillierteres Bild des Kollapses zu erhalten. Eine CT sollte jedoch nur entweder vor einer geplanten Operation oder aber falls die Röntgenaufnahmen aufgrund der veränderten Anatomie nicht zu gebrauchen sind, durchgeführt werden.

Eine Knochenszintigraphie kann dabei helfen eine Charcot-Arthropathie von einer Infektion zu unterscheiden.

Die MRT ist eine sensitive Bildgebung für die Diagnosestellung einer Infektion der Knochen (welche immer noch mit einer Charcot-Arthropathie verwechselt werden kann) oder der Weichteile (auf der Knochenszintigraphie nicht ersichtlich).

Behandlung

Bevor das Augenmerk auf die Behandlung des Charcot-Fusses gelegt werden kann, sollte die zugrunde liegende Ursache therapiert werden. Diabetes ist die häufigste Ursache und die Behandlung besteht aus einer enge Kontrolle des Blutzuckers mit einem HbA1C-Wert zwischen 6 und 8.

Nicht-operative Behandlung

Falls die Erkrankung in einem Frühstadium erkannt wird, beinhaltet die Behandlung, dass der Fuss für eine gewisse Zeit nicht oder nur bedingt belastet wird. Dies kann entweder mit einem speziellen Gipsverband, oder spezieller Unterschenkel-Orthese erreicht werden. Dabei handelt es sich um einen abnehmbaren Stiefel mit einem massgeschneiderten Futter, welches der Fussform des Patienten angepasst ist. Später, wenn die Knochen stabiler sind, kann der Patient schrittweise wieder mit dem Gehen beginnen und das Bein stärker belasten.

Orthopädische Hilfsmittel wie beispielsweise ein „Knierollator“ oder „Scooter“ entlasten den Fuss und ermöglichen es dem Patienten trotzdem mobil zu bleiben.

Einige Studien legen die Einnahme von Bisphosphonaten („anti-osteoporose Medikament“) nahe. Dies weil Bisphosphonate die Aktivität der Zellen, welche Knochen abbauen, hemmen.

Operative Behandlung

Eine operative Behandlung kann bei schweren Deformitäten oder einer Instabilität des Fusses bzw. des Knöchels empfohlen werden. Die unterschiedlichen Verfahren reichen von einer einfachen Entfernung des hervorstehenden Knochens (Exostosektomie), bis hin zur Wiederherstellung des Fusses durch eine Fusion der Knochen nach einer Korrektur der Deformität. Dies beinhaltet die Verwendung von Schrauben, Platten, Stäben, die in die Knochen getrieben werden, oder von Stiften, die aus dem Knochen und der Haut hervortreten und mithilfe eines Rahmens an der Aussenseite des Fusses und des Knöchels befestigt werden. Eine Verlängerung der Achillessehne kann sich als alleinige Therapie oder in Kombination mit zusätzlichen Verfahren vorteilhaft auswirken. In seltenen Fällen von unkontrollierbaren, stark infizierten Füssen kann auch eine Amputation erforderlich sein.

Das Ziel der Chirurgie ist es, einen stabilen Fuss zu schaffen, welcher Gewicht tragen kann, in einen Schuh oder eine Orthese passt und zusätzlich Ulzerationen zu verhindern, welche sich über einem hervorstehenden Knochen entwickeln können. Bei einer operativen Versteifung (Fusion) darf der Fuss oder das Bein meistens über einen Zeitraum von 3 Monaten oder mehr nicht belastet werden.

Mögliche Komplikationen

Eine chirurgische Intervention bei einer Charcot-Arthropathie ist mit erheblichen Risiken verbunden. Dazu gehören:

  • Infektionen: Aufgrund einer mangelnden Durchblutung des Fusses.
  • Wundheilungsstörungen (dies ist bei Diabetikern häufig der Fall).
  • Pseudoarthrose („non-union“): Es besteht ein erhöhtes Risiko, dass die Knochen nicht zusammenheilen. Patienten bemerken nicht, wie viel Druck sie während des Heilungsprozesses auf den Fuss ausüben. Allerdings ist ein Versagen der Knochenheilung nicht zwingen mit einem Versagen der Therapie gleichzusetzen. Falls die oben genannten Ziele erreicht werden, ist die Operation als erfolgreich einzuordnen.

Gewünschtes Ergebnis

Das Ziel der konservativen Therapie ist es, die zum Zeitpunkt der Diagnose vorgefundene Ausrichtung bzw. Form des Fusses beizubehalten. Diese können nur durch ein operatives Vorgehen verbessert werden.

Das Endergebnis der Charcot-Arthropathie ist entweder ein Fuss, welcher wie ein normaler Fuss aussieht, oder ein Fuss, welcher nur eine minimale Fehlstellung aufweist. Dies kann mit einem normalen Schuh +/- einer Orthese (Einlagen) oder bei einem abnormal geformten Fuss mit einem massgefertigten Schuh ausgeglichen werden.