Der Verlust eines Teils eines Beines ist ein schlimmes Ereignis für jeden betroffenen Patienten. In Situationen, wie nach einer akuten Verletzung oder als Folge eines komplexen chronischen Problems (z.B. bei einer Infektion eines diabetischen Fusses), ist eine Amputation unterhalb des Knies nicht nur berechtigt, sondern ermöglicht dem Patienten die Chance auf eine bessere Funktion der Extremität und meist weniger Schmerzen. Patienten mit einer gut angepassten Unterschenkelprothese können oft ohne ein sichtbares Hinken gehen. Jedoch ist die Mobilität und Funktion nach der Operation und erfolgter Rehabilitation oft durch den Funktionslevel vor der Operation eingeschränkt. Jene Patienten, die vor der Operation eingeschränkt waren, sind dies meist auch post-operativ. Die Genesung nach einer Amputation unterhalb des Knies beinhaltet die Wundheilung, Rehabilitation und emotionale Unterstützung.

Indikationen

Die verschiedensten Indikationen (Hinweise) für eine Amputation unterhalb des Knies beinhalten:

  • Eine unkontrollierte Infektion des Fusses (z.B. eine schwere Infektion eines diabetischen Fusses)
  • Eine traumatische Verletzung des Fusses oder des Unterschenkels, welche nicht gerettet werden kann
  • Der Verlust der Blutzufuhr zum Fuss entweder durch eine Verletzung oder durch eine Gefässerkrankung
  • Eine chronische Fuss- oder Knöchelverletzung, welche nicht gerettet oder rekonstruiert werden kann und wo der Patient mit grosser Wahrscheinlichkeit eine Schmerzreduktion und/oder verbesserte Funktion der Extremität nach der Amputation erlangt.

Vorgehen

Die Operation wird so durchgeführt, dass die Funktion des Kniegelenks, ein genug langer Amputationsstumpf für die Prothese und ausreichend Weichteilgewebe, als Polsterung über den Knochenstumpf, erhalten bleiben. Die Amputation wird typischerweise 8-12cm unterhalb des Knies gemacht. Der Hautschnitt und die –auseinandertrennung sind an der Rückseite länger als an der Vorderseite. Dies ermöglicht die Polsterung des Knochenstumpfs durch die Verlegung der Wadenmuskulatur nach vorne. Die grossen Venen und Arterien werden gesucht, abgebunden und dann abgetrennt. Die Nerven werden verkürzt um schmerzhafte Neurome (Nerven-Wucherungen) zu verhindern. Die grossen Nervenäste werden gesucht und beide Knochen des Unterschenkels, der Schien- (Tibia) und Wadenknochen (Fibula), werden mit einer Säge geschnitten und geschliffen. Der kleinere Knochen (Fibula) wird normalerweise kürzer geschnitten als der Grosse (Tibia). Die Vorderseite der gekürzten Tibia wird abgeschrägt um eine scharfe Knochenkante an der Vorderseite des Unterschenkels zu vermeiden. Die Amputation wird dann geschlossen indem Gewebeschichten zusammengenäht werden. Dies beinhaltet oft das Zusammennähen von Überbleibseln der Achillessehne und der Vorderseite der Tibia, was die Stabilität des Stumpfes verbessert.

  • Tibiofibulare Osteosynthese oder Ertl Vorgehen
  • Unterschenkel Prothese

Erholung

Heilungsphase (0 bis 6-12Wochen)
Während der Heilungsphase heilt die Wunde des Amputationsstumpfes. Nähte werden meist 2-3Wochen nach der Operation entfernt, obwohl diese Zeit viel länger sein kann bei Patienten mit Diabetes. Oft wird nach der Fadenentfernung ein „Kompressions-Strumpf“ (eine Socke, welche gleichmässigen Druck auf den heilenden Stumpf ermöglicht) angewendet. Es ist wichtig, die Kniefunktion während der Heilungsphase so normal wie möglich beizubehalten (was das vollständige Strecken beinhaltet). Es ist nicht selten, dass die Patienten fallen, da sie für einen Moment vergessen haben, dass ihr Bein amputiert wurde.

Anpassen der Prothese (8+ Wochen)
Das Anpassen der Prothese kann begonnen werden, sobald die Wunde und das Weichteilgewebe geheilt und abgeschwollen sind. Ein Prothetiker ist ein ausgebildeter Experte, welcher das Prothesenanpassen koordiniert. Dieser Experte muss über Monate eng mit dem Patienten arbeiten um sicherzustellen, dass die Prothese optimal sitzt. Zu Beginn wird eine provisorische Prothese geformt und angepasst. Patienten werden zum Gehen mit Hilfe ermutigt und beginnen meist die Physiotherapie zu diesem Zeitpunkt. Anfangs können die Patienten die Prothese nur für eine kurze Zeitspanne tragen, welche sich aber schrittweise verlängert. Mit der Zeit schrumpft der Amputationsstumpf aufgrund der weniger werdenden Schwellung und der Muskelatrophie (Muskelschwund). Wenn dies passiert müssen mehr und mehr „Kompressions-Strümpfe“ eingesetzt und die Fassung der Prothese muss angepasst werden. Wenn der Stumpf eine stabile Grösse erreicht hat, meist nach 6-9 Monaten nach der Amputation, kann eine definitive Prothese hergestellt werden, welche eine neue und weicher geformte Fassung enthält.

Rehabilitationsphase

Das Erlernen des Gehens mit einer Prothese, die Rehabilitation von Muskeln und Gelenken, welche oft mehrere Monate nicht normal belastet wurden, ist kritisch für ein erfolgreiches Ergebnis. Regelmässige Physiotherapie ist enorm wichtig. Beginnend mit viel Hilfe (z.B. einer Gehhilfe) und schrittweise Verbesserung der Kraft, Balance und Ausdauer wird zur Verbesserung der Ergebnisse beitragen. Es gibt oft Rückschritte und die Patienten müssen versuchen, sich von diesen nicht entmutigen zu lassen. Oft wird der Amputationsstumpf an gewissen Stellen gereizt und der Patient muss seine Aktivitäten für eine bestimmte Zeit reduzieren. Veränderungen der Einlage und Fassung der Prothese müssen regelmässig vorgenommen werden, wodurch häufige Termine beim Prothetikern normal sind.

Komplikationen

Es gibt eine Vielzahl an möglichen Komplikationen, welche nach einer Unterschenkel-Amputation auftreten können. Diese beinhalten allgemeine post-operative Komplikationen, wie auch für die Operation typischere Komplikationen, wie:

  • Infektionen
  • Wundheilungsprobleme
  • Neurome
  • Phantomschmerzen des amputierten Beines
  • Kniekontrakturen
  • Schwierigkeiten mit der Anpassung der Prothese
  • Verminderte Funktion (erhöhter Energieverbrauch)
  • Tiefe Beinvenenthrombose (TVT)
  • Lungenembolie (LE)